Tagebucheintrag vom 26. Dezember 1923Parallelansicht ⇨
Nachlass Faulhaber 10009,
Seite 26
Mittwoch,
26.
Dezember.
7.00 Uhr
in
der
Hauskapelle, nicht
im
Dom.
Trotz Anfrage
(Buczkowska
und
Mutter
,
Vereinigung der Diakoninnen)
-
lasse ich niemand in die Hauskapelle wegen
der
Zitalügen
in der Stadt.
Baronin Moreau
bringt
Armenbriefe.
Die Armen wollen
nicht
Geld,
sondern Lebensmittel
und meinen, der
Cardinal
bekommt die Lebensmittel
waggonweise.
Graf Oberndorff
-
natürlich
wieder unleidliche
Politik.
Er hat kein rechtes Vertrauen mehr zu
Kahr
. Der Augenblick,
in dem
Berlin
vor Bayern sich fürchtete,
sei versäumt. Seine
Frau
hat sich an
Abtprimas
Stotzingen
gewandt
-
er selber von
Knilling
wiederholt empfangen,
aber für Berlin noch nichts fest.
Marie Velics
-
bei diesen schlechten Wegverhältnissen.
An soclhen Tagen
muß sie Begleitung suchen. Bringt
Brief
von
Apor
und 50 Deutschen,
von sich selber den
„Pfennig
der
Armen“,
5
Billionen,
erhält für Haushaltung der
Mutter
10
Dollar
und für Engelämter
in
Sankt
Ludwig
15
Stipendien.
Lotte Seboldt
und
Maria
Kreill
-
den
ersten
Goldpfennig.
Die
Krippe
mit der
Laterne
des heiligen
Josef.
Immer
kränklich.
15.00 Uhr Helene Weilnhammer
von
Rosenheim:
Hat früh dem
Sekretär
wieder
drei
Hostien
abgegeben, kommt jetzt
persönlich.
Daheim durchgebrannt,
hier
auf der
Straße
seit drei Tagen,
auch am
Heiligen
Abend.
Will sich vom
Turm
stürzen, dann wieder in das
Carmeliterkloster.
Schwester
Polykarp
sollte sie in die
Klinik
bringen, unterwegs durchgebrannt
-
am anderen Tag
Baronin
Freytag
,
hat bei Polizeipflegerin
Fräulein
Bach
Nachrichten
erfragt,
die mir dann
selber
telefoniert: Noch nicht angebracht,
auch noch kein Unglück gemeldet.
Schwester Ethelreda
und
Polykarp
-
mit Erlaubnis der
Oberen
zum Christbaum
herschneiden.
17.00 Uhr bei Schneeschmelze durch Schneewasser und Regen Dr. Paulus
aufgesucht
(eine
Bibliothek
für
Gebildete,
besonders für
Suchende
ist notwednig).
Dann zusammen einen
Überfall
bei
Diakoninnenverein
in der Winternacht und dort noch einmal die Weihnachtslieder.
Durch Schneewasser heimwärts
gestapft
.



Baronin Moreau


Graf Oberndorff





Marie Velics



Lotte Seboldt


15.00 Uhr Helene Weilnhammer





Schwester Ethelreda


17.00 Uhr bei Schneeschmelze durch Schneewasser und Regen Dr. Paulus


Vgl. Bericht Moser von Filsecks vom 16.11.1923 (Nr. 324), in: Benz, Wolfgang (Hg.), Politik in Bayern 1919 - 1933. Berichte des württembergischen Gesandten Carl Moser von Filseck, Stuttgart 1971, S. 145.