Editionsrichtlinien

1. Auswahl der Dokumente für die Edition

1.1 Tagebücher

Der Bestand Nachlass (NL) Faulhaber im Erzbischöflichen Archiv München (EAM) umfasst große Mengen stenografischen Materials, darunter mehrere Tagebuch-Serien. Transkribiert und ediert werden in dieser Edition die Besuchstagebücher von Michael von Faulhaber, und zwar in vollem Umfang. Nicht ediert werden aus Kapazitätsgründen seine in Struktur und Zweck anders angelegten Exerzitientagebücher (1885-1951), die geistlichen Tagebücher (1889-1892), die frühen Reisetagebücher (1889-1898), das Veranstaltungstagebuch des Katholischen Gesellenvereins Kitzingen (1892-1893), das Tagebuch als Präfekt im Kilianeum in Würzburg und als Kaplan in Holzkirchen (1893-1895, 1898), die Amtstagebücher (1911-1921) und die Kriegstagebücher (1914-1919) Faulhabers.

Die hier nicht edierten Tagebuchtypen sind für Interessierte im EAM zu den Nutzungskonditionen des Archivs einzusehen.

1.2 Beiblätter

Der Großteil der etwa 17.000 Seiten stenografischer Notizen im NL Faulhaber ist nicht in Tagebuchform angelegt. Sie lassen sich in mehrere Gruppen einteilen, darunter: Gesprächsprotokolle, Firm- und Visitationsreiseprotokolle, Sitzungsprotokolle, Reisenotizen, Sachnotizen, Nachrichtenexzerpte, politische Reflexionen, Schreibensentwürfe und Predigtkonzepte.

In die Edition finden nur solche stenografischen Notizen Aufnahme, auf die Faulhaber in seinen Besuchstagebüchern ausdrücklich verweist. Faulhaber legte sie gemeinsam an und bezog sie aufeinander, weshalb diese Beiblätter genannten Notizen als integrale Einheit mit den Besuchstagebüchern behandelt werden.

Um exemplarisch zu verdeutlichen, dass der Bestand der stenografischen Notizen Faulhabers größer ist, als durch die expliziten Verweise aus den Tagebüchern ersichtlich, wurde für das Jahr 1933 ein erweiterter Ansatz für die Aufnahme von Beiblättern gewählt. Hier sind zusätzlich zu den explizit im Tagebuch erwähnten Beiblättern auch solche Stücke ediert, die inhaltlich mit den im Besuchstagebuch erwähnten Sachverhalten korrespondieren.

Die Beiblätter sind anders als die Besuchstagebücher nicht als geschlossene Serie überliefert, sondern befinden sich verstreut in den 3.300 Sachakten des Bestandes NL Faulhaber. Wenn einzelne Beiblätter nicht rechtzeitig zur Veröffentlichung eines Tagebuch-Jahrgangs lokalisiert werden können, werden sie nachgereicht.

2. Bildung editorischer Einheiten

Für das Besuchstagebuch bildet der einzelne Tageseintrag die editorische Einheit. Umfasst eine Seite des Besuchstagebuches mehrere Tage, so werden auch mehrere Datensätze angelegt. Falls derselbe Tag in mehreren Tagebüchern auftaucht (Überschneidungen) oder, unterbrochen von anderen Einträgen, im gleichen Tagebuch nochmals, so wird ebenfalls ein neuer Datensatz angelegt. Daher können für einzelne Tage mehrere Einträge in der Edition abrufbar sein.

Die Beiblätter erstrecken sich teilweise über größere Zeiträume, die nicht durchgängig datiert sind. Eine tagesgenaue Zuordnung ist daher nicht immer möglich. So gilt als editorische Einheit der Beiblätter die physische Einheit der Archivalie, d.h. das Blatt oder der Bogen, den Faulhaber hierfür monothematisch nutzte. Dieses Vorgehen spiegelt sich auch in der thematischen Betitelung der Beiblätter wider. Die Titel der Beiblätter sowie die darunter angezeigte Kategorisierung des Beiblatts wurden von den Editoren vergeben.

3. Transkription aus der Gabelsberger-Stenografie

Für die Transkription aus der Gabelsberger-Stenografie mussten neue Verfahren entwickelt werden, die dem erratischen Text mit seinen Kurz- und Langschriftmischungen, Abkürzungen und nicht sicher auflösbaren Zeichen gerecht werden. Die hohe Komplexität des Stenogramms hat zur Entwicklung eines Vier-Stufen-Prinzips bei der Transkription geführt. Nach der ersten Übertragung wird jeder Text von zwei Editoren unabhängig voneinander am Original korrekturgelesen, bevor er einer Endkontrolle unterzogen wird.

Die Online-Edition hält drei Anzeigevarianten für die Texte bereit, von denen über die Parallelansicht je zwei gleichzeitig angezeigt werden können:

Erstens das Digitalisat der Originalquelle, zweitens eine zeichengetreue Transkription mit textkritischen Anmerkungen und drittens eine bereinigte Leseversion mit Personen- und Sachkommentar.

3.1 Transkription

Die Textversion „Transkription“ soll Faulhabers Notizen möglichst originalgetreu wiedergeben. Sie ist daher grundsätzlich zeichengetreu angelegt.

  • Innere Form
    Zeilenumbrüche werden durch einen Schrägstrich / dargestellt. Absätze im Original werden durch Absätze angezeigt. Seitenwechsel im Dokument werden mit einem Pfeil und Seitenangabe (➥ Seite 3) dargestellt. Tabellarisch angeordnete Aufzeichnungen werden in Spalten wiedergegeben. Unterstrichene Wörter im Tagebuch werden auch in der Transkription unterstrichen; dabei wird zwischen einfachen und doppelten Unterstreichungen unterschieden. Auch die Farbigkeit der Unterstreichungen wird wiedergegeben, wie überhaupt die Schreibfarbe (Tinte, Bleistift, Farbstift) Faulhabers grafisch berücksichtigt wird.

    In den Besuchstagebüchern und den Beiblättern überwiegen die stenografischen Anteile gegenüber den langschriftlichen. Daher werden in der Transkription die langschriftlichen Wörter oder Wortteile kursiv ausgezeichnet, die kurzschriftlichen dagegen nicht gesondert gekennzeichnet. Stenografische Wörter wurden nach der damals gültigen Rechtschreibung aufgelöst. Langschriftliche Fremdwörter, die zu dieser Zeit nicht normiert waren und daher wechselnden Schreibweisen unterlagen, wurden in der jeweils vorliegenden Schreibweise belassen.

    Mit in die Edition aufgenommen werden auch in die Besuchstagebücher eingeklebte Zeitungsartikel. Ihr Text wird in einem grau hinterlegten Kasten in anderer Schriftart abgebildet.

    Zeichnungen Faulhabers (Grundrisse, Sitzordnungen, etc.) werden nicht in der Transkription dargestellt. Schriftinformation aus diesen wird in die Transkription übernommen, die Nutzer werden durch die editorische Anmerkung [Handzeichnung im Digitalisat] auf das Vorhandensein einer Zeichnung im Original (Digitalisat) hingewiesen.

  • Korrekturen und Einfügungen
    Im Original durchgestrichene Zeichen sind auch in der Transkription gestrichen. Hier wird die Farbe der Durchstreichung unterschieden. Ist ein Wort durch ein anderes Wort überschrieben, so wird nur das überschreibende Wort dargestellt. Einfügungszeichen werden mit einem oder mehreren Sternchen * gekennzeichnet; der Text der Einfügung selbst wird in eckigen Klammern [Einfügung (*): Zuvor] an der jeweiligen Stelle der Originalvorlage angezeigt. Über oder unter die Schreiblinie des Haupttextes gestellte Wörter werden, wo der Zusammenhang eine Korrektureinfügung nahelegt, an der passenden Stelle in den Text eingefügt, sonst generell auch grafisch in ihrer Hoch- oder Tiefstellung wiedergegeben. Randnotizen werden in eckigen Klammern und mit Angabe der Position wiedergegeben, z.B. [Seitlich rechts: "Die sieben Gaben"]. Einfügungen fremder Hand werden durch einen textkritischen Kommentar in eckigen Klammern [Einfügung von fremder Hand] angezeigt.

  • Unsichere Lesarten
    Unsichere Lesarten werden in eckigen Klammern < > angegeben; gibt es alternative Lesarten für ein Zeichen, so werden diese in der eckigen Klammer angegeben, getrennt durch einen Schrägstrich <a/b/c>. Nicht auflösbare Zeichen werden durch eckige Klammern und drei Punkte […] ausgezeichnet.

  • Markierungen
    Aufgenommen sind die Haken, mit denen Faulhaber am Rand Pontifikalfunktionen kennzeichnet, die in den Jahresbericht des Diözesanschematismus übernommen werden sollten. Nicht aufgenommen sind solche grafischen Zeichen, die mit dem Entstehungszusammenhang nicht direkt korrelieren, so die Streichung ganzer Seiten mit rotem Buntstift, die die Sichtung der Passagen für die Erstellung von Faulhabers Autobiografie 1942-1944 anzeigt. Diese sind aber im Digitalisat erkennbar. Nicht übernommen wurden Abstände zwischen Wörtern, die Übergänge zum nächsten Gesprächsthema anzeigen sollen. Solche leeren Abstände sind aber dort aufgenommen, wo Faulhaber offensichtlich Platz für das nachträgliche Einschreiben eines Namens ließ, den er vergessen hatte. Diese Platzhalter werden mit leeren, eckigen Klammern angezeigt [     ].

3.2 Leseversion

Die Textversion „Leseversion“ soll dem Benutzer einen Einstieg in einen lesefreundlichen Text ermöglichen, in dem er Personen- und Sachkommentare sowie zentrale textkritische Anmerkungen einblenden kann.

  • Innere Form
    Der originale Zeilenfall findet keine Beachtung. Absätze im Original werden in der Leseversion durch Absätze angezeigt. Seitenwechsel werden wie in der Transkriptionsversion mit einem Pfeil und Seitenangabe (➥ Seite 3) dargestellt.

    In der Leseversion wird keine Unterscheidung zwischen langschriftlichen und stenografischen Zeichen gemacht. Grundsätzlich werden Abkürzungen stillschweigend aufgelöst, Satzzeichen, wo grammatikalisch notwendig, stillschweigend ergänzt. Die Textwiedergabe orientiert sich an der damals gültigen Rechtschreibung. Fremdwörter, die zu dieser Zeit nicht normiert waren und daher wechselnden Schreibweisen unterlagen, wurden in der jeweils vorliegenden Schreibweise belassen.

    Zurückhaltend werden auch einzelne Wörter ergänzt, wenn der Sinnzusammenhang sich sonst nur schwer erschließt. Fehler bei der Schreibung von Namen und Orten werden korrigiert. Uhrzeiten werden standardisiert nach dem Schema hh.mm Uhr angegeben. Der Text von im Tagebuch eingeklebten Zeitungsartikeln erscheint in einem schwarz umrandeten Kasten. Auf im Digitalisat vorhandene Handzeichnungen wird an der betreffenden Stelle über ein Popup mit dem Symbol text-icon hingewiesen.

  • Korrekturen und Einfügungen
    Für die Leseversion wird eine weitgehend bereinigte Endfassung der Besuchstagebücher erzeugt. Gestrichene Passagen werden nicht mit angezeigt, Ergänzungen, Einfügungen mit Einfügungszeichen und Randnotizen werden direkt an der betreffenden Stelle im Haupttext eingestellt. Ist ein Wort durch ein anderes Wort überschrieben, so wird nur das überschreibende Wort dargestellt. Einfügungen fremder Hand werden durch einen textkritischen Kommentar in eckigen Klammern [Einfügung von fremder Hand] angezeigt.

  • Unsichere Lesarten
    Unsichere Lesarten werden mit dem Symbol text-icon gekennzeichnet, das verknüpfte Popup weist auf die Unsicherheit der Auflösung hin. Existieren mehrere Lesarten für ein Zeichen, so wird – anders als in der Transkriptionsversion – für die Leseversion der Texte jeweils die wahrscheinlichste Variante angezeigt. Das beistehende Symbol info-icon öffnet ein Popup, welches die alternativen Varianten aufführt. Bei ausgeschalteter Kommentarfunktion werden die unsicheren Lesarten im Text grau hinterlegt. Nicht transkribierbare Wörter werden durch eckige Klammern mit drei Punkten […] dargestellt. Das angefügte Zeichen text-icon führt in einem Popup zu einer Erklärung.

  • Weitere Links
    In der Leseversion besteht darüber hinaus die Möglichkeit, Popups zu den Personen- und Sachkommentaren der Edition anzeigen zu lassen, sowie über das Symbolentry-icon  bzw.supp-icon  zu verknüpften Tagebucheinträgen oder Beiblättern zu wechseln.

  • Druckformat
    Es besteht die Möglichkeit, einzelne Tagebucheinträge und Beiblätter im PDF-Format abzurufen. Diese PDF-Version basiert auf der Leseversion des Textes und ist wegen des Fehlens der Popups in einer leicht veränderten Auszeichnung gestaltet. Unsichere Lesarten werden in <spitzen Klammern> angegeben, Bibelstellen und Übersetzungen (siehe 5.2) in [eckigen Klammern], Hinweise auf Biogramme und Sachkommentare sowie Verknüpfungen mit anderen Einträgen stehen hier nicht zur Verfügung.
    Bitte nutzen Sie für die Zitation stets die Online-Versionen der Texte.

4. Kurzbiografien

4.1 Personenkreis

Kurzbiografien werden grundsätzlich für alle Personen erstellt, die Michael von Faulhaber in seinen Besuchstagebüchern und den Beiblättern erwähnt. Nicht erfasst werden Personen, deren Identifizierung wegen der Unbestimmtheit seiner Aufzeichnungen unmöglich ist (z.B. ein Polizist, zwei Spaziergänger, die Kinder, die kleine Sabine aus Altötting etc.). Für Personen, die Faulhaber namentlich erwähnt (z.B. Frau Maier, Herr Müller, Frau Schmid, Agnes, Karl, etc.), deren Identifizierung in Ermangelung weiterer Anhaltspunkte aber nicht oder nur mit einem unverhältnismäßigen Arbeitsaufwand möglich wäre, werden kurzbiografische Datensätze angelegt, deren Inhalt sich auf die personenspezifischen Angaben Faulhabers beschränkt. Bei der Erstellung der Kurzbiografien kooperiert die Faulhaber-Edition mit dem thematisch und zeitlich verwandten DFG-Projekt „Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)“

4.2 Abfassung der Kurzbiografien

Die Darstellung erfolgt in knapper, präziser und faktenbasierter Form. Es werden ausschließlich biografische Grunddaten erhoben. Eine Literaturdiskussion findet in den kurzbiografischen Datensätzen nicht statt. Auf die Wiedergabe zentraler biografischer Webressourcen (z.B. deutsche-biographie.de) wird auch in den Fällen nicht verzichtet, in denen die biografischen Ausführungen dem Forschungsstand nicht mehr entsprechen. Die Verlinkung zu den Personeneinträgen der Deutschen Biographie verweist über den Beacon auf verknüpfte Angebote weiterer wissenschaftlicher Editionen und Nachschlagewerke; gleichzeitig wird die Faulhaber-Edition als Referenz-Angebot in den Personendatensatz der Deutschen Biographie aufgenommen.

4.3 Biografische Merkmale

Die Art der kurzbiografischen Informationen und deren Abfolge richten sich nach dem von den Mitarbeitern entwickelten biografischen Schema. Aufgenommen werden, soweit ermittelbar, folgende Merkmale:

Nachname (ebenso nachweisbare Namensvarianten, z.B. Mädchenname, Ordensname, Pseudonym, Spitzname, Tarnname), Vorname(n), Geburts- und Sterbedatum, Beruf, wichtige Lebensstationen. Sofern Faulhaber Adelige benennt, werden deren Titel, die, im Gegensatz zu akademischen Titeln, rechtlich als Namensbestandteile gelten, mit angegeben; akademische Titel finden in der Rubrik „wichtige Lebensstationen“ ihren Niederschlag. Um netzwerkanalytische Forschungsvorhaben zu erleichtern, wurde in der Rubrik „Beruf“ eine übergeordnete Berufsgruppenbildung (z.B. Arzt, Diplomat, Militär, Politiker etc.) vorgenommen. Spezifische Ausführungen zum Beruf finden anschließend in der Rubrik „wichtige Lebensstationen“ Niederschlag (z.B. Facharzt für Orthopädie, Botschafter, Admiral, Reichskanzler etc.). Aufnahme finden, soweit existent, schließlich die Nummern der Gemeinsamen Normdatei (GND) und des Virtual International Authority File (VIAF). Über einen Link bei der GND-Nummer kann eine Liste aller verknüpften Online-Ressourcen angezeigt werden.

4.4 Uneinheitliche Länge der Kurzbiografien

Die Ausführlichkeit der kurzbiografischen Angaben zu einer Person hängt von der Existenz seriöser biografischer Internetressourcen ab (z.B. NDB Online, Historisches Lexikon Bayerns Online, Haus der Bayerischen Geschichte Online, AdR Online etc.), auf die verlinkt werden kann. In diesem Fall genügt die Wiedergabe weniger kurzbiografischer Angaben. Denn der Nutzer hat die Möglichkeit, dem Link zu folgen und so ergänzende personenspezifische Informationen zu erhalten. Im Zweifelsfall wird neben dem Link zusätzlich wenigstens ein gedrucktes biografisches Nachschlagewerk angeführt.

Mit abnehmendem Bekanntheitsgrad einer Person sinkt die Chance, dem Internet kurzbiografische Informationen zu entnehmen. Damit nimmt die Notwendigkeit zu, auf gedruckte Nachschlagewerke (z.B. Biographisches Handbuch des Auswärtigen Dienstes 1871-1945, Große Bayerische Biographische Enzyklopädie etc.) zurückzugreifen, um die Lebensstationen einer Person nachzuweisen. In diesen Fällen werden ausführliche kurzbiografische Informationen angeboten.

Bei Personen, deren Biografien weder seriösen Internetressourcen, gedruckten biografischen Nachschlagewerken oder der Literatur entnommen werden können, recherchieren die Mitarbeiter – bei vertretbarem Zeitaufwand – in zugänglichen gedruckten Quellen. Ziel ist es, für einen bisher forschungsmäßig kaum greifbaren Personenkreis einen kurzbiografischen Überblick geben zu können.