Tagebucheintrag vom 29. Januar 1923Parallelansicht ⇨
Nachlass Faulhaber 10008,
Seite 6,10
29.
Januar.
Montag:
Casselmann
holt das Kunstblatt ab für den Kalender mit
patriotischen
Sprüchen: Ich schreibe darunter in der
Eile:
Dulce et decorum est pro patria vivere
! +
Michael Faulhaber,
Erzbischof,
weiland
Feldpropst der
weiland
bayerischen
Armee
- also nichts von Kardinal.
-
zeigt im Arbeitszimmer verschiedene
Fotografien
von Spanien und besonders
Lujan.
Generalvikar
:
Vertraulich mußte er einen zweiten Feldgeistlichen nennen und nannte
Pater
Polykarp
Schmoll
, in einigen Wochen fürchtet man
Krieg.
Donders
schreibt,
ich müsse
sofort
nach
Rom
reisen, in zwei bis drei Wochen hätten wir Krieg. Aber der
Heilige Vater
kann nicht mehr tun,
als er tut - er muß in
seiner
übervölkischen
Stellung bleiben. Der
Dollar
darum gestiegen bis auf 48 000!! Verwaltung,
besonders die
Ernennung der Geistlichen Räte.
Pater Rektor [ ]
von
Gars -
stellt sich als neuer Rektor vor. Der
kranke
Mann
-
Beinoperation
- wird nicht lange auf seinem Posten bleiben.
Redemptoristen
haben schwere
Opfer in der letzten Zeit
bringen müssen.
Dr. Knippen
:
Wegen
Fürstenried.
Ihr Plan ist,
dort ein
Kinderparadies
zu errichten, sie fiel aber bald aus ihrem Paradies,
weil Frau Stadtrat
Schultes
und ihre
Schwester
mit
Schwester
Anna
von
Thalkirchen
es dreiköpfig einrichten wollen.
Ich spreche von
Alzing,
gebe ihr 20 000
M.
Sie war auch krank,
redet,
aber dann ernst mit dem Bruder
Esel:
Was fällt Dir ein, Du darfst jetzt nicht aussetzen, er aber meinte:
Du gibst mir
ja nichts zu essen.
Graf Oberndorff
sehr weitsichtig: Die Kundgebung gegen die
französische
Botschaft ist sehr kurzsichtig. Auch mit
Italien
darf man es nicht verderben. Auf Seite der
Franzosen
die Macht, auf Seite der Deutschen das Recht.
Aber Gewalt geht vor Recht! Es wird eine Scheidung kommen,
vielleicht eine reine Arbeiterpartei nach dem Sturz von
Cuno
und dann wird in Berlin
links
und in Bayern rechts regiert. Die Pfalz wohl für Bayern verloren.
Baron Geier
-
wegen der 500 000
M.
für das
Philosophische Institut,
er wird es an
Gutleben
geben und der wird es verdoppeln.
Professor Schuh
:
Entrüstet,
weil
Meier
ihm die Fähigkeit für eine Neudeutsche Gruppe abgesprochen und
der
Generalvicar
ihm das Schreiben ausgehändigt hatte.
Ich ermahne: Wenn er nicht selber übernehme, solle er aber
andere arbeiten lassen.


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29.
Januar.
Paz
Generalvikar




Pater Rektor [ ]


Dr. Knippen




Graf Oberndorff


Baron Geier


Professor Schuh


