Tagebucheintrag vom 1. Dezember 1930Parallelansicht ⇨
Nachlass Faulhaber 10013, Seite 186,187

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Montag, 1. Dezember. Marie Seinsheim: Katholikentag Stuttgart.

Abordnung von Kolbermoor: Pfarrer, Bürgermeister und noch ein Herr. Sie wollten für das Jugendwerk um Beiträge bitten, aber nur 2 000 M. von Brem erhalten. Ich war im Glauben, das sei längst gegeben. Der eine Herr geht weg, die beiden anderen: Bis April geht der Oberlehrer in Ruhestand, der nächste Hauptlehrer Stumpf ist rot, hört nicht gut, 59 Jahre. Im Ministerium sagt man: Sehen Sie, daß ein Alter sich bewirbt. Sollen mit Albrechtskirchinger sprechen.

Baronin Rehlingen - Gebetsintention und fromme Lebensaufgabe. In Vilshofen das Radio gut gehört.

Dr. Unterwieser, Oberarchivrat: Überreicht sein Buch Geschichte der Fronleichnamsprozession in Bayern. Über Archivwesen, wenig Verständnis dafür auf dem Land. Ein Brief von Liborius Wagner beinahe verbrannt.

Generalsekretär Calmes, Köln: Von der Volkswarte. War bei Pater Erhard, dem ich schon sagte, wir müssen es hier machen. In Arbeitsgemeinschaft mit der sittlichen Volkswacht, später vielleicht Vereinigung. Er erzählt, daß Homosexualität furchtbar verbreitet ist, die vom Land hereingelockt werden, er hat sieben ins Gefängnis gebracht. Übergibt die Zeitung Volkswarte. - Hat aber nicht viele bestellt, aber wir wollen dort empfehlen. Zu Ammann will Pater Erhard gehen. Calmes spricht wiederholt davon, er habe schlechte Bilder in seiner Mappe. Obwohl ich immer abwinke, reicht er mir am Schluß ein Bild, das ich sofort wieder zurückgebe, ohne zu sehen, was abgebildet war.

Professor Hildebrand. Bericht über pädagogisches Institut. Ein guter Anfang. Eine Frau aus Italien einmal kommen lassen, die ihn nicht kenne. Verein gegen Antisemitismus, es wird den einzelnen viel aufgeladen.

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Nachmittags, 16.00 - 18.00 Uhr bei Landgerichtsdirektor Sambeth: Der Sohn will ins Ministerium, hat aber 76 statt 72 Punkte. Felicitas sehr jugendlich mit beiden Kindern, der Jüngste Peter. Der Vater erzählt viel vom Schädel des Sultan im Vertrag von Versailles, von der Prozession von Oberammergau. Auf dem Heimweg spricht mich Herr Ziegler an, Bruder des Geistlichen: Er wundere sich, daß ich zu Fuß gehe, ob ich heute Abend in die Versammlung des Volksvereins käme.