Tagebucheintrag vom 11. November 1918⇦ Einzelansicht
Nachlass Faulhaber 10003,
Seite 9
Montag,
11.
November.
Mein
Habilitationstag ,
der
vierte
Tag
der neuen Zeit.
Wieder eine schlaflose Nacht, weil ich mein Bett in der Garderobe aufgeschlagen, denn auf die Straße hinaus, wacht man beim Lärm auf und bei der Ruhe. Das Sanctissimum im Hause ist mir ein großer Trost: Der Heiland ist König des Hauses, ein Licht können wir ihm nicht geben, sonst klopft die Straßenwache an die Tür und Elektrizität frißt Strom und damit Kohle in dieser Zeit.
Wenn Briefe kommen aus dem Feld, die vor sechs Tagen geschrieben sind, es ist wie eine Sprache aus einer anderen Welt, die über Nacht untergegangen.
10.00 Uhr kommt Graf Lerchenfeld, der natürlich alles auch hat so kommen sehen und die neue Zeit bilden mit einer Idee. Sich aber merkwürdig dreingefunden hat, „es sei gleich, ob an der Spitze ein König oder ein Präsident!“
11.00 Uhr Schriftsteller Windegg, vollständig abgearbeitet, er arbeite Tag und Nacht auf dem Ernährungsamt. Wir stehen vor einer Katastrophe, so wie die Soldaten zurückfluten. Dann Plünderung in der Stadt und auf dem Land. Ich erkläre mich bereit mitzuarbeiten, um unser Volk vor dem Hungertod zu bewahren, werde einen Aufruf schreiben. Rate aber weiter 1) Dorfwache aus den heimkehrenden Soldaten der Dörfer. 2) Zufuhr aus dem Ausland, wenigstens für die späteren Monate. 3) Als alleräußerstes, allgemeine Volksküche, die niemand mehr als die Reichen begrüßen werden.
Ich weiß, daß Auer sein Amt ernst auffaßt und Ordnung halten will.
Zu allem Überfluß kränkelt Hubert, hat offenbar die Grippe sich geholt.
Geheimrat Grauert: Wegen des Beamteneides, kann ruhigen Gewissens unterschrieben werden, auch wenn der König noch nicht entbunden.
15.30 Uhr, wieder Sitzung des Ordinariats wegen Hirtenwort an das Volk in der Ernährungsfrage .
16.45 Uhr beim Nuntius: Ich rate ihm in die Schweiz zu gehen, aber eine Verbindung zwischen Bischof und Rom zurück zu lassen. Als er aber auf mich alleine beim Papst sich berufen will und die anderen Gesandtschaften noch hier sind, dann zaudere ich - in Zangberg auch gut, besonders, weil Wache kommt. Wenn aber Unruhen, dann bald Abreise oder nachts nicht zu Hause schlafen, hat Erlaubnis für alle Klöster. Wegen des Beamteneides als Mitteilung. Wegen der Hungersnot möge der Heilige Vater sich an Wilson und alle Regierungen wenden - er wird es sofort telegraphisch tun.
Der neue Präsident hat zuerst verweigert, die Post mit Rom aufrecht zu erhalten in der bisherigen Chiffre, später aber zugesagt - jetzt gut dafür.
In der Residenz bereits 200 Wohnungen eingerichtet. Am Telephon muß man vorsichtig sein.
Heute das Officium des Heiligen Martinus nec mori timuit nec vivere recusavit und die anderen herrlichen Antiphonen. Aber erst abends, 21.00 Uhr, mit müdem Kopf das Officium gebetet.
Heute werden die Waffenstillstandsbedingungen bekannt und seit Mittag 12.00 Uhr der Krieg zu Ende. Und doch kein heiteres Gesicht! Mehr Trauer, als wenn der Krieg begänne. Die Regierung verkündet bereits, sie sehe bei diesen Bedingungen „Wüste und Chaos“ vor sich. Bei den einzelnen Bedingungen, wie ein Hammerschlag auf den Kopf. Die sieben Gaben.
Wieder eine schlaflose Nacht, weil ich mein Bett in der Garderobe aufgeschlagen, denn auf die Straße hinaus, wacht man beim Lärm auf und bei der Ruhe. Das Sanctissimum im Hause ist mir ein großer Trost: Der Heiland ist König des Hauses, ein Licht können wir ihm nicht geben, sonst klopft die Straßenwache an die Tür und Elektrizität frißt Strom und damit Kohle in dieser Zeit.
Wenn Briefe kommen aus dem Feld, die vor sechs Tagen geschrieben sind, es ist wie eine Sprache aus einer anderen Welt, die über Nacht untergegangen.
10.00 Uhr kommt Graf Lerchenfeld, der natürlich alles auch hat so kommen sehen und die neue Zeit bilden mit einer Idee. Sich aber merkwürdig dreingefunden hat, „es sei gleich, ob an der Spitze ein König oder ein Präsident!“
11.00 Uhr Schriftsteller Windegg, vollständig abgearbeitet, er arbeite Tag und Nacht auf dem Ernährungsamt. Wir stehen vor einer Katastrophe, so wie die Soldaten zurückfluten. Dann Plünderung in der Stadt und auf dem Land. Ich erkläre mich bereit mitzuarbeiten, um unser Volk vor dem Hungertod zu bewahren, werde einen Aufruf schreiben. Rate aber weiter 1) Dorfwache aus den heimkehrenden Soldaten der Dörfer. 2) Zufuhr aus dem Ausland, wenigstens für die späteren Monate. 3) Als alleräußerstes, allgemeine Volksküche, die niemand mehr als die Reichen begrüßen werden.
Ich weiß, daß Auer sein Amt ernst auffaßt und Ordnung halten will.
Zu allem Überfluß kränkelt Hubert, hat offenbar die Grippe sich geholt.
Geheimrat Grauert: Wegen des Beamteneides, kann ruhigen Gewissens unterschrieben werden, auch wenn der König noch nicht entbunden.
15.30 Uhr, wieder Sitzung des Ordinariats wegen Hirtenwort an das Volk in der Ernährungsfrage .
16.45 Uhr beim Nuntius: Ich rate ihm in die Schweiz zu gehen, aber eine Verbindung zwischen Bischof und Rom zurück zu lassen. Als er aber auf mich alleine beim Papst sich berufen will und die anderen Gesandtschaften noch hier sind, dann zaudere ich - in Zangberg auch gut, besonders, weil Wache kommt. Wenn aber Unruhen, dann bald Abreise oder nachts nicht zu Hause schlafen, hat Erlaubnis für alle Klöster. Wegen des Beamteneides als Mitteilung. Wegen der Hungersnot möge der Heilige Vater sich an Wilson und alle Regierungen wenden - er wird es sofort telegraphisch tun.
Der neue Präsident hat zuerst verweigert, die Post mit Rom aufrecht zu erhalten in der bisherigen Chiffre, später aber zugesagt - jetzt gut dafür.
In der Residenz bereits 200 Wohnungen eingerichtet. Am Telephon muß man vorsichtig sein.
Heute das Officium des Heiligen Martinus nec mori timuit nec vivere recusavit und die anderen herrlichen Antiphonen. Aber erst abends, 21.00 Uhr, mit müdem Kopf das Officium gebetet.
Heute werden die Waffenstillstandsbedingungen bekannt und seit Mittag 12.00 Uhr der Krieg zu Ende. Und doch kein heiteres Gesicht! Mehr Trauer, als wenn der Krieg begänne. Die Regierung verkündet bereits, sie sehe bei diesen Bedingungen „Wüste und Chaos“ vor sich. Bei den einzelnen Bedingungen, wie ein Hammerschlag auf den Kopf. Die sieben Gaben.
Montag,
11.
November.
Mein
Habilitationstag ,
der
vierte
Tag
der neuen Zeit.
Wieder eine schlaflose Nacht, weil ich mein Bett in der Garderobe aufgeschlagen, denn auf die Straße hinaus, wacht man beim Lärm auf und bei der Ruhe. Das Sanctissimum im Hause ist mir ein großer Trost: Der Heiland ist König des Hauses, ein Licht können wir ihm nicht geben, sonst klopft die Straßenwache an die Tür und Elektrizität frißt Strom und damit Kohle in dieser Zeit.
Wenn Briefe kommen aus dem Feld, die vor sechs Tagen geschrieben sind, es ist wie eine Sprache aus einer anderen Welt, die über Nacht untergegangen.
10.00 Uhr kommt Graf Lerchenfeld![Kurzbiografie anzeigen](resources/images/dokument/i-icon.png)
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der natürlich
alles
auch hat so kommen sehen und die neue Zeit bilden mit einer Idee.
Sich aber merkwürdig dreingefunden hat,
„es sei gleich,
ob an der Spitze ein König oder ein
Präsident!“
11.00 Uhr Schriftsteller Windegg
,
vollständig abgearbeitet,
er arbeite Tag und Nacht auf dem Ernährungsamt.
Wir stehen vor einer
Katastrophe,
so wie
die Soldaten zurückfluten.
Dann Plünderung in der Stadt und auf dem Land.
Ich erkläre mich bereit mitzuarbeiten,
um unser Volk vor dem Hungertod zu bewahren,
werde einen
Aufruf
schreiben.
Rate aber weiter
1) Dorfwache aus den heimkehrenden Soldaten
der Dörfer.
2) Zufuhr aus dem Ausland, wenigstens
für die späteren Monate.
3) Als alleräußerstes,
allgemeine
Volksküche,
die niemand mehr als die Reichen begrüßen werden.
Ich weiß, daß Auer
sein Amt ernst auffaßt und Ordnung halten will.
Zu allem Überfluß kränkelt Hubert
,
hat offenbar die
Grippe
sich geholt.
Geheimrat Grauert
:
Wegen des Beamteneides, kann ruhigen Gewissens unterschrieben werden,
auch wenn der
König
noch nicht entbunden.
15.30 Uhr, wieder Sitzung des Ordinariats wegen Hirtenwort an das Volk in der Ernährungsfrage .
16.45 Uhr beim Nuntius
:
Ich rate ihm in die Schweiz zu gehen,
aber eine Verbindung zwischen Bischof und Rom zurück zu lassen. Als er aber auf mich
alleine beim
Papst
sich berufen will und die anderen Gesandtschaften noch hier sind, dann zaudere ich - in
Zangberg
auch gut,
besonders,
weil Wache kommt.
Wenn aber Unruhen,
dann bald Abreise oder nachts nicht zu Hause schlafen,
hat Erlaubnis für alle Klöster.
Wegen des Beamteneides als Mitteilung.
Wegen der Hungersnot möge der
Heilige
Vater
sich
an
Wilson
und alle Regierungen wenden - er wird es sofort
telegraphisch
tun.
Der neue Präsident
hat zuerst verweigert,
die Post mit Rom aufrecht zu erhalten in der bisherigen
Chiffre,
später aber zugesagt - jetzt
gut dafür.
In der Residenz bereits 200 Wohnungen eingerichtet. Am Telephon muß man vorsichtig sein.
Heute das Officium des Heiligen Martinus
nec mori timuit nec vivere recusavit
und die anderen herrlichen
Antiphonen. Aber erst abends,
21.00 Uhr,
mit müdem Kopf das
Officium
gebetet.
Heute werden die Waffenstillstandsbedingungen bekannt und seit Mittag 12.00 Uhr der Krieg zu Ende. Und doch kein heiteres Gesicht! Mehr Trauer, als wenn der Krieg begänne. Die Regierung verkündet bereits, sie sehe bei diesen Bedingungen „Wüste und Chaos“ vor sich. Bei den einzelnen Bedingungen, wie ein Hammerschlag auf den Kopf. Die sieben Gaben.
Wieder eine schlaflose Nacht, weil ich mein Bett in der Garderobe aufgeschlagen, denn auf die Straße hinaus, wacht man beim Lärm auf und bei der Ruhe. Das Sanctissimum im Hause ist mir ein großer Trost: Der Heiland ist König des Hauses, ein Licht können wir ihm nicht geben, sonst klopft die Straßenwache an die Tür und Elektrizität frißt Strom und damit Kohle in dieser Zeit.
Wenn Briefe kommen aus dem Feld, die vor sechs Tagen geschrieben sind, es ist wie eine Sprache aus einer anderen Welt, die über Nacht untergegangen.
10.00 Uhr kommt Graf Lerchenfeld
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11.00 Uhr Schriftsteller Windegg
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Ich weiß, daß Auer
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Zu allem Überfluß kränkelt Hubert
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Geheimrat Grauert
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15.30 Uhr, wieder Sitzung des Ordinariats wegen Hirtenwort an das Volk in der Ernährungsfrage .
16.45 Uhr beim Nuntius
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Der neue Präsident
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In der Residenz bereits 200 Wohnungen eingerichtet. Am Telephon muß man vorsichtig sein.
Heute das Officium des Heiligen Martinus
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![Lateinisch „der weder zu sterben fürchtete, noch zu leben zurückwies“](resources/images/dokument/i-icon.png)
Heute werden die Waffenstillstandsbedingungen bekannt und seit Mittag 12.00 Uhr der Krieg zu Ende. Und doch kein heiteres Gesicht! Mehr Trauer, als wenn der Krieg begänne. Die Regierung verkündet bereits, sie sehe bei diesen Bedingungen „Wüste und Chaos“ vor sich. Bei den einzelnen Bedingungen, wie ein Hammerschlag auf den Kopf. Die sieben Gaben.