Gräfin LuxburgParallelansicht ⇨
Gesprächsprotokoll, 1. März 1930

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Carneval

Siehe Excerpt unter den Zeitungen.

Gräfin Luxburg, 1.3.30: Besuch von auswärts, besonders Schüsse sehr stark. Die meisten Privatbälle der Adeligen in den Vier Jahreszeiten - der Freitag wird dadurch gehalten, daß das Essen erst nach 12.00 Uhr gereicht wird. Die jungen Herren gehen nicht mehr wie früher um 15.00 Uhr weg. Auch wenn einmal kein Ball, können sie nicht zu Haus bleiben, sondern gehen rauchend wohin und dann „sehr früh“, um 2.30 Uhr, zu Bett. Dafür schlafen sie bis 13.00 Uhr. Viele, die wohl dafür den Sommer sparen.

Die Bettelbriefe und Zudringlichkeiten an der Türe wachsen von Tag zu Tag. Der Je-Ka-Fu hat bewiesen, wie geistig tief der Ball steht. Was da zum besten gegeben wird, noch dazu vorbereitet, die herzlichsten Grüße. Liegt ihr schon im Bett. Wahr ist, wie eine Zuschrift sagt: Der Carneval dauert sieben Wochen und erst in den letzten drei Tagen werden kirchliche Andachten zur Sühne gehalten. Das ist aus der alten Zeit, wo es wirklich nur drei Tage waren. Also doch vorher in den Klöstern wenigstens nächtliche Anbetung.


Gegensätze: In Sankt Michael 17.00 Uhr Predigt und Sühneandacht und draußen auf der Strasse flutet und tobt und schreit und kreischt und kichert das Faschingstreiben vorüber. 1930 am Aschermittwoch früh 166 Burschen Exercitienschluß in Fürstenried. Die wachen nicht mit einem Katzenjammer auf, die treten mit klarem Kopf und frohem Herzen in die Fastenzeit ein.