Tagebucheintrag vom 12. Januar 1919Parallelansicht ⇨
Nachlass Faulhaber 10003, Seite 39

12. Jan. 1919 Wahltag – leider wieder nicht kalt sondern frühlingsartig sonnig und hell, was /
immer die Straßenumzüge und Ausschreitungen begünstigt. Die Nacht war auffallend ruhig. Die Furcht vor diesem Tag also unbegründet. /
Wir gehen um ¾ 10 zum Gewerbehaus wählen. An der Sti Am Eingang schreit ein Matrose: Da ist Unabhängig das ist das Richtige. /
Auf der Stiege steht ein Soldat, „Bayer. Volkspartei“, das ist ein Bekennerjüngling, ein Tarcisius.

Pfr Rottenwinkler, Helfendorf bittet, laicale Kleidung und einen Bart tragen zu /
dürfen weil die Soziweiberl beim Anblick eines Geistlichen gleich das Schimpfen und Lästern anfangen. Die Hetze gegen die Priester /
treibt zu blutiger Tat weil solche Tat kaum bestraft oder gleich wieder erlassen wird. „Wenn auch das Martyrium glorreich und ein sicherer Weg zum Himmel ist, soll man /
es doch nicht herausfordern
“ 11.1.19.

Karten gibt ab KV München: Schöpf, Sliwka, Kretzinger

Im Übrigen war der Wahltag der ruhigste Tag seit vielen Wochen.

Säger Eisemann schreibt 5.1.19: Die Geistl. sind am Krieg schuld weil sie im Reichstag /
das große Wort geführt haben – und in Spanien hat einer der Geistl. den „Fall Fehrer“ <hingemeldet | hingemordet>. Und wenn sie /
mildtätig sind dann gehen sie zuerst betteln, denen hat es das Volk gegeben. Die Unterstützung im Krieg haben <nur> die Magistr.beamten /
erhalten, wir Arbeiter sind mit schlechten Worten beschimpft worden. Darum fort mit der schwarzen Polizei.