Tagebucheintrag vom 8. November 1918Parallelansicht ⇨
Nachlass Faulhaber 10003, Seite 5-6

Freitag 8. Nov. Todestag von Prinz Heinrich. Heute 10h sollte Reichsratsitzung sein, um über /
Parlam. der Regierung zu sprechen, die Vorschläge waren bereits fertig. Dreiviertel sollten erscheinen, die waren alle schon hier, aber die Kammer /
gesperrt. Erzbischof Jacobus fragt, ich muß ihm am Tel. sagen, er könne nicht kommen.

½ 7h früh wird ein Maschinengewehr gegenüber meinem Fenster aufgestellt um die Prom. zu beherrschen. Sehr gewandt aufgestellt /
von richtigen Soldaten, dann weiter zurück an den Salv.bogen. Das Gerücht hatte sich verbreitet, es würden Außentruppen zum Entsatz kommen.

➥ Seite 6

Ich celebr. mit ruhiger Ergebung. Es ist mir noch nur immer als ob man mir mit einem Prügel auf den Kopf /
geschlagen hätte, und das Herzklopfen, das ich seit der letzten Predigt am Sonntag habe ist nicht besser geworden. So den ganzen Tag - wenn es sich nur einmal /
weisen würde nach außen. Die zweite Nacht zehn Stunden geschlafen und dann wieder gefaßt zum Denken und entschlossen zum Sterben.

9h kommt Mariele und bringt Nachricht über Birkenf.

Die Aufrufe und Flugblätter ausgeteilt: Leben und Eigentum soll geschont, Ausschreitungen unnachsichtig gestraft werden /
Ich ordne und verbrenne meine amtlichen Papiere. Die Regierung Eisner hat guten Willen Ordnung zu halten, ob aber /
die Bewegung ihnen nicht über den Kopf geht nachdem einmal die Schleusen offen sind.

11h g Rat Sturm, hat sich einen Ausweis geholt, von Kurt Eisner persönlich unterzeichnet (der /
ganz müde sei weil die ganze Nacht gearbeitet ebenso sei Buhl dort, sich einen Ausweis zu holen. תלוֹנרא /
habe ihm gesagt christ „katholischer Geist“ - zum Kath übergetreten, achte mich sehr hoch und will mit mir in Verbindung treten. Dabei /
sagt er mir Verschiedenes über Eisner und Auer: Der erstere mäßig und will keine Ausschreitung, der letzte habe sich selber emporgearbeitet. /
Es stehen riesige Gelder zur Verfügung, von den Großkapit. und Juden gespendet die auf diese Weise die Bewegung in der Hand /
haben wollen. Solche Bewegung in der Nacht natürlich nur mit ganz großen Mitteln durchzuführen. Früh 9h fährt ein Auto mit der Roten Fahne an die königliche Bank heran /
und drei Männer mit einer großen <Mappe> ziehen einen Ausweis und treten ein.

Es gehen Geistliche ruhig auf der Straße - Nachmittag die Ansammlung der Menschen immer größer bis gegen Abend /
die ganze Prom.straße geräumt wird weil die Banken besetzt werden. Vor der Handelsbank ein Auto /
„Alles ab“ und drei Maschinengewehre aufgestellt.