Tagebucheintrag vom 2. Mai 1945Parallelansicht ⇨
Nachlass Faulhaber 09265, Seite 53

Mi 2.5.45 Statt Mailüfterl schneit es in dicken Flocken. /
(Gestern schon halb Regen in der Früh), der Schnee bleibt sogar liegen.

Die Nacht ruhig. Einzelne Deton. vor Mitternacht, einzelne Gewehrschüsse, wahrscheinlich in die Luft wie /
sie nach dem Einzug in München machten. Die Hakenkreuze verschwunden. In Nymph. Zettel in die Häuser geworfen: Wer de- /
nunziert,
an dem werden wir uns tötlich rächen. Es erscheinen außer den kleinen Feldwagen schon größere /
Lastwagen. Nachricht: Hi sei tot, gefallen Döbnitz als Nachfolger bestellt. Das Geheimnis wird später aufgeklärt werden.

Alle Geistlichen die ins Haus kommen klagen über Plünderungen

Den ganzen Tag Journalisten s. besonderes, wollen „nur Grüß Gott sagen“, haben aber allerlei /
Fragen. Sympath. freundliche Menschen, sehr gewandt in ihrem Fach. Das Gerücht: Es seien Abordnungen bei mir gewesen.

Nachmittags hört man von der Straße wieder Singen, nach langer Zeit: Es sind betrunkene Russen, die auf /
einmal schöne Herrenmäntel tragen. Es wurde in der Stadt viel „verteilt", im Bürgerbräu schleppen die Leute gleich 30 - 40 /
Pfund Käse und Butter weg. Der Transport von 5 000 Gefangenen an der Donnersb. Brücke sei erschreckend gewesen: Alte Männer die ihren /
Handkoffer kaum schleppen konnten - der Koffer wird ihm aus der Hand gerissen und in den Straßengraben geworfen. Andere geschlagen mit dem Gewehrkolben und bedroht und /
angeschrien. Der Kraftwagen mußte eine halbe Stunde warten bis der Zug vorüber war. Als man einem wütenden Betrunkenen zur Beruhigung Essen geben wollte, warf er den /
Teller ins Zimmer, warf seine Zigett auf den Boden und schrie der Hausfrau zu: Deutsches Schwein, gib’ auf. Der deutsche Fahrer konnte vor Tränen nicht weiter /
erzählen. 1918 Nov. - Ostern 1919 waren die Russen hier, eine viel kleinere Zahl, /
damals ausgesprochene Revol. Aber in diesem Ausmaß haben die Russen nicht geplündert wie jetzt die Amerik.