Tagebucheintrag vom 10. März 1920Parallelansicht ⇨
Nachlass Faulhaber 10004, Seite 66,67

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10. März. Konsul a.D. Moos, bis zum Kriege in Paris, jetzt in Berlin, ein alter, sehr katholischer Herr, der durchaus nichts Politisches hat, aber über Erzberger spricht und wie Ludendorff das Zentrum mit den Konservativen verbinden will und über die Nuntiatur. Ich gebe kein Urteil ab. Er empfiehlt sich für Vorträge, wie er sie auch in Berlin hält.

15.00 Uhr im Mutterhause der Barmherzigen, erst Frau Generaloberin gesprochen über Rottmannshöhe, dann bei Geistlichem Rat zum Kaffee: Wegen des Landesverbandes der Krankenpflege, - er gibt 5 000 für Dom in

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Freising und die Seelsorge von Sankt Franziskus, ersteres mit Berufung darauf, daß Direktor Schauer noch eine Gabe vom Erzbischof erwartet.

19.00 Uhr Hermann Bahr über Blaise Pascal in den Vier Jahreszeiten: Ein großes Erlebnis, eine Gnade: Er hat sich beim Bildungsphilister durchgesetzt, obwohl er in Jesuiten zu viel Rücksicht auf das Leben sieht, also das Gegenteil von dem ... er erfindet die Sätze Euklids zum zweiten Mal ... Dostojewski, dessen Großinquisitor so oft erwähnt wird, kommt schließlich auf den Jesuitenweg, also den katholischen Weg, weil er Demut hat, Pascal dagegen, wie alle in Port Royal, einen Stich ins Selbstgefällige hat. Gesinnungsethiker und Verantwortungsethiker stehen einander gegenüber. Mosis Angesicht leuchtet, als er von der Gegenwart Gottes kam, Paulus will verworfen sein, um andere zu Gott zu führen - hier wird also die Gnadenstunde, die Begegnung mit Gott, ein neuer Grund sich ins Leben zu stürzen, dagegen bei Pascal nicht.

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