Tagebucheintrag vom 21. Februar 1919⇦ Einzelansicht
Nachlass Faulhaber 10003,
Seite 51-52
Freitag 21.
Februar,
9.00 Uhr,
halte
ich die
Pontificalmesse
zur Eröffnung des Landtags.
–
Auer
hatte an
das
Ordinariat
geschrieben,
daß er es anheim stelle,
wie früher Eröffnungsgottesdienste zu halten.
Veni creator
mit stiller Messe.
Memento
für
cultores fidei catholicae
im
Canon.
Auch
Eisenberger
und andere
Bauernbündler
sind drinnen.
Wir gehen zu Fuß heim,
Prannerstraße
abgesperrt, viele Leute dort,
fünf
Minuten
vor
10.00 Uhr
höre ich einen und dann fünf Schüsse, große
Panik
–
Herren
kommen vom Landtag zurück,
„Eisner
erschossen von
Graf Arco-Valley“.
Das ist sehr schlimm,
Bayern
war auf dem
Weg
zur
Ruhe
und Gott weiß,
was jetzt wieder kommt.
Um 19.00 Uhr muß alles daheim sein. Die ganze Nacht wird geschossen, bald da, bald dort, bald einzelne Schüsse, bald mehr. In der Klinik werden drei verwundete Arbeiter eingeliefert, das gibt einen ungefähren Maßstab, wie es ging, – keine Geistlichen, dem Herrn sei Dank, wenn er meine Mitbrüder beschützt hat und meine Diözesankinder vor dem unnatürlichen Tode.
Wenn solche Zeiten glücklich vorüber sind, kann man sich diese unsicheren Stunden kaum mehr vorstellen: Diesen Abend wußte kein Mensch, ob die Stadt in der Hand der Spartakisten oder der Regierungstruppen sei. Die Zeitungen erscheinen nicht, weil die Drucker streiken, aber dafür schwirren die tollsten Gerüchte umher, Gerüchte von Massenmord, – das einzige Blatt, das vom Arbeiterzentralrat herausgegeben wurde, ist voller Drohungen: Mit Eisner ging es ohne Blut, ohne Eisner kommt der andere Teil der Revolution.
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Nachmittag
warfen mehrere
Flugzeuge
Flugblätter
ab,
die das
fluchwürdige
Verbrechen
verurteilen,
aber zur Ruhe
auffordern. Die
Aufregung
scheint groß zu sein.
Trambahn
geht nicht, aber
Telefon
geht wieder und bei der herrlichen Sonne viele Menschen auf der Straße.
Abends
Nachricht,
Auer
habe der
Schwester
die Hand gereicht,
als sie der Ablösung Weisung
gab und glaubte,
er sei noch in der
Narkose,
der andere
habe
nach dem Geistlichen verlangt,
Sauerbruch
erklärte aber, zuerst wieder
genäht.
Er weiß,
daß er sterben muß,
wenn die
Arterie
verletzt ist.
Abends
Nachricht,
Kurat
Brunner
war da und weiß aus einer
sozialen
Familie,
zur Rache soll es einen Massenmord an
Adeligen
und Geistlichen geben; das
Georgianum
sei bereits entlassen, und nach
Freising
habe man Nachricht gegeben. Tief erschüttert kniee ich vor dem
Sanctissimum.
Am Abend dieser schrecklichen
Nacht.
Was wird sie bringen?
Um 19.00 Uhr muß alles daheim sein. Die ganze Nacht wird geschossen, bald da, bald dort, bald einzelne Schüsse, bald mehr. In der Klinik werden drei verwundete Arbeiter eingeliefert, das gibt einen ungefähren Maßstab, wie es ging, – keine Geistlichen, dem Herrn sei Dank, wenn er meine Mitbrüder beschützt hat und meine Diözesankinder vor dem unnatürlichen Tode.
Wenn solche Zeiten glücklich vorüber sind, kann man sich diese unsicheren Stunden kaum mehr vorstellen: Diesen Abend wußte kein Mensch, ob die Stadt in der Hand der Spartakisten oder der Regierungstruppen sei. Die Zeitungen erscheinen nicht, weil die Drucker streiken, aber dafür schwirren die tollsten Gerüchte umher, Gerüchte von Massenmord, – das einzige Blatt, das vom Arbeiterzentralrat herausgegeben wurde, ist voller Drohungen: Mit Eisner ging es ohne Blut, ohne Eisner kommt der andere Teil der Revolution.