Tagebucheintrag vom 24. Februar 1926Parallelansicht ⇨
Nachlass Faulhaber 10011, Seite 10,11

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Mittwoch, 24.2.26. 7.30 - 9.00 Uhr Minores im Georgianum.

Marie Seinsheim - Zimmer immer noch nicht vermietet. Haben im Monat 160 M. und müssen für Miete allein 142 bezahlen! Einen Artikel im Bayrischen Vaterland untergebracht. 30 M.

Generalvikar im Arbeitszimmer 1) Wegen Lama, Füssen. Soll den Generalvikar von dort kommen lassen. 2) Wegen Firmungsplan.

Fürst Wilhelm von Sigmaringen - „in einer heiklen Frage“ - ich falle ihm ins Wort: Wegen der Abfindung - Ja. „Eine Stelle“ hat in der Sache eine Besprechung gehabt und ihn hierher zu mir geschickt, wie auch ein Vertreter nach Cöln gegangen ist. Repsondeo: Ein Brief „Ausschuß Birstein“ ohne Unterschrift hat gebeten, der Episcopat soll in der Sache wegen des Siebten Gebots etwas tun, - „das ist Fürst Isenburg“. Er redet wenig und unklar. Ich fasse meine Ausführungen zusammen: 1) Der Episkopat kann gemeinsam nichts Geheimes tun, auch eine vertrauliche Kundgebung an die Pfarrer steht in drei Tagen in der Zeitung, und öffentlich kann er nichts tun, ohne die Erregung im Volke noch zu steigern. Er kann höchstens im Privatgespräch seiner Auffassung Ausdruck geben gegen die Enteignung. 2) Ich in Bayern habe keinen Grund, weil in Süddeutschland die Sache geordnet ist und jede Kundgebung einen schlechten Dienst der Sache erweist. Zumal jetzt muß ich für meine Person Ruhe eintreten lassen. Unsere Regierung steht fest in dieser Frage und Württemberg wird auch dabei bleiben. 3) Für das Zentrum zugleich eine Gewissensfrage: Nach der Moral restituieren, solange man kann. Also eigentlich die Abfindung zusammen mit der Aufwertung. Der Unterschied, der besteht, daß das Reich nicht aufwerten kann, weil sonst neue Inflation, wohl aber abfinden kann ohne Inflation, wird vom Volke nicht verstanden. Wo die Frage zur Aussprache kommt, heißt es natürlich: Wir haben alles verloren, nun brauchen die Fürsten auch keine Millionen. Die Frage mit Mecklenburg war ein teuflischer Plan, der furchtbar geschadet hat. 4) Trotzdem möchte ich glauben, der Volksentscheid bringt keine vier Fünftel Stimmen zusammen und wenn er sie zusammenbringt, dann doch keine Mehrheit im Reichstag, weil der größte Teil des Zentrums nicht dagegen sein wird, - und weil Preußen im Gegensatz zu Bayern und Süddeutschland diese kulturgeschichtliche Schmach nicht auf sich nehmen wird. Beim Weggehen, „also grundsätzlich sind Sie für die Abfindung“? Ja, aus den angegebenen Gründen. Erzählt mir noch welche Unmoral in Berlin: Sein Kämmerer in Berlin eine Revue mit fünfhundert Damen gesehen, die sich nachher zu den Herren setzten. Unterschied zur Aufwertung: Die Fürsten waren klüger und haben ihr Vermögen in Grundbesitz und Wald gehabt, also den Besitz, der der Inflation entzogen war. Die Bauern sollen sich nicht täuschen: Das gleiche Prinzip der Enteignung gilt auch ihnen gegenüber.

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Kaplan Aniser von Rosenheim - Kriegerwallfahrt nach Altötting Predigt und Hochamt zugesagt.

Marie Buczkowska und Zettler - wegen Societas Religiosa - womöglich den Osterconvent absagen.

Pater Noppel Konferenz in Freiburg - „Gruß von mir“, von hier aus werden nicht viele teilnehmen. Ob ich nicht eine Kundgebung für „das Gemeindebestimmungsrecht“ zur Einschränkung des „Alkoholausschanks“, ein Herr wollte sogar eigens zu mir kommen. Repsondeo: Ich kann mich nicht in jede Frage mischen. Es gibt viel wichtigere Gesetzesvorlagen im Reichstag, ohne daß wir an die Abgeordneten herantreten. Ich bedaure die Schäden des Alkohols -.

Oberst Reiß - von Nürnberg hierher versetzt als Chef der Landespolizei. Ich danke ihm, daß er in Nürnberg der Seelsorge freie Bahn gab. Er spricht mit großer Verehrung von Dr. Schneider, in dessen Vorträge auch Protestanten kämen. Er gibt zu, der Seelsorger faßt ganz andere Seiten der Seele als der Offizier. Hier sind 18 Hundertschaften (der alte römische Name!), es ist aber schwer, so „als Truppe geschlossen zu exercieren.“ Die anderen Verbände und Vereine sind gut, um den vaterländischen Sinn zu wecken, aber das Soldatenspiel sollen sie bleiben lassen, „das besorgen wir“. Ein Oberleutnant hat ihn begleitet.

14.00 Uhr zu Tisch.

Nachmittag besuche ich Ministerialrat Beemelmans: Sie kommt am Schluß der Sprechstunde, arbeitet dann in der Cartothek und am Schluß sagt er: Schließen Sie zu, sie lüftet das Zimmer … Nun sagt er ihr: Nicht mehr jede Sprechstunde kommen, nicht mehr vor anderen in der Cartothek arbeiten. Darüber entsetzt. Respondeo: Viel wird sein, daß sie im Cartell die zweite Vorsitzende war und jetzt nach Rücktritt des Führers die eigentliche Vorsitzende ist. Offenbar Stimme des Neides, sei es von Innerem des Klosters oder von außen - Pater Ludger muß nur nach einer Seite hauen - nach der Seite, die es verträgt, die vernünftig genug ist. Keinen raschen Entschluß fassen, so viele Jahre zusammengearbeitet ...

Ein General Rehm von Würzburg will den Namen auf einem Fächerstück haben - Ja.

Baron Cramer-Klett - sehr geheimnisvoll, er hätte heute erst sehr wichtige Nachricht bekommen - ein Graf auf dem Consulat habe nach Rom gemeldet, der Kronprinz stecke hinter der ganzen Hetze wegen Südtirol - respondeo: Die Neue Badische Landeszeitung weiß das Gegenteil. Weil Max Moy in der Versammlung gewesen sei, wo zwei Tiroler, Weishaupt und Herrlich, mit den gewöhnlichsten Mitteln den Orangenkrieg predigten, können alle Geistliche und sein - nego.

Ein Dr. Victor Löwenstein bei der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank - möchte durchaus meine „Vesperpsalmen“ haben. Grüße von dem, der „den Kardinal als Mensch und Geistlichen verehre wegen seines mutigen und glaubhaften Eintretens Herbst 1923, das ihm unvergessen bleiben wird“. Repsondeo: durch den Sekretär: Kein einziges Exemplar mehr.