Tagebucheintrag vom 6. April 1924Parallelansicht ⇨
Nachlass Faulhaber 10009, Seite 67

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Sonntag, 6. April, Wahltag Bayerischer Landtag: Heißes Ringen, weil die Völkischen mit amerikanischer Reclame und der Stoßkraft des Neuen aufmarschieren. 7.00 Uhr im Dom und dann gehen wir gleich 8.30 Uhr in die Domschule. Die Wahl vollzieht sich in aller Ruhe.

Nachmittags besuche ich Guthirtenkloster. Auf den Straßen in allen Farben die Flugblätter, schmutzig und zerrissen in allen Farben - alle versprechen das Heil. Ein Auto mit Kränzen fährt durch die Straße und groß schriftlich: Heil Hitler.

Polizeipfarrer Schneider - will auf Ostern nach Rom. Es ist zwar Sperre, das heißt 500 Goldmark Einreisegebühr, aber er habe einen Gruß an den General der Barmherzigen Brüder zu überbringen. Ich gebe ihm eine Empfehlung, er will den päpstlichen Segen seiner Polizei spenden - 30 Stipendien persönlich und 40 Dollar Caritas.

Abt Sankt Bonifaz - wegen Abtrennung von Sankt Benedikt.

Fräulein Wümbauer aus Amerika, studiosa musicae, hofft, eine Wohnung in der Stadt zu finden, vielleicht bei den Englischen Fräulein.

Frau Buhl, Deidesheim: Hat eine Pietà für die Gefallenen gestiftet vom Bildhauer Bauer oder Fuchs? Ihr Neffe in Bonn als Theologe ausgetreten, will hier philosophisch habilitieren, bei Baeumker promovieren.

Heilmaier, [ ... ] Pfarrer Zolling hat für die Soziale Revue einen Artikel geschrieben „Segen der katholischen Internationale“, auch im Correspondenz-Blatt - hat zwei französische Lügen gegen mich richtiggestellt: Ich hätte in den Katechismus eingesetzt, der Soldat müsse für sein Vaterland töten (der Münchner Katechismus ist bereits 1910 approbiert), - ich hätte den Satz aufgestellt: Die Moral für den einzelnen sei nicht verpflichtend für das Volk. 40 Stipendien für den Umzug.

Dr. Gerg - lädt ein auf Mittwoch 17.00 Uhr für Schlußfeier.

Lotte Seboldt - bringt Milch, wieder gesund, zur Beichte auf Charsamstag.

Brief aus Amerika, Huschke, Janesville: Wir haben in der Zeitung gelesen, daß man Ihnen sogar nach dem Leben trachtet, wo Sie doch der Vater for die Hungrigen sind.