Adolf WagnerParallelansicht ⇨
Gesprächsprotokoll, 8. Juni/25. Juli 1933

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Staatsminister Wagner, Donnerstag, 8.6.33, 11.00 - 12.15 Uhr.

Ich bin sehr dankbar, dass ich zur Audienz kommen darf. Immer so viel Arbeit, dass es früher nicht möglich. Bitte um Zusammenarbeit, damit endlich im Land Ruhe wird. Ich darf ganz offen sprechen von Adolf Hitler, dem ich gestern von der Audienz hier sprach , beauftragt hier auszusprechen: Es soll in keiner Weise etwas gegen die Kirche geschehen oder gegen die Geistlichen. Nun aber war es anfangs ruhig, jetzt aber erklären die Geistlichen, es dauert nicht mehr lang mit den Nationalsozialisten und dann die Bolschewisten. Um einen Fall zu erwähnen, der Muhler.. Ich unterbreche: Er ist nicht mehr Vorsitzender der Aktion. Die Aktion besteht aus sieben Geistlichen – Er: Sind da nicht alle Vereine zusammengenommen und wusste das im vorigen Jahr. Er: Da ist mir ein Stein von der Seele. Ich: Ich werde das den Staatsministern schreiben müssen. Ich: Wir müssen wünschen und beten, infolgedessen auch mitarbeiten, dass die nationale Regierung ihre Ziele erreicht. Der Bolschewismus, der nach ihr kommen würde, würde die Kirche am ersten treffen. Darüber sehr erfreut.

Die Geistlichen: Sind Taktlose dabei. Nicht jeden Fall so aufbauschen. Er: In Randersacker der Pfarrer schlägt das Kind auf die Hand: Heil Hitler. Ich: Neumayer
Vermutlich gemeint: Johann Neumair
bei Schellenberg verhaftet, von Österreich herübergelockt, er solle einen Mann versehen. Er zieht Papier heraus und schreibt auf: Und der ist jetzt hier? Wir haben gestern die Decane hier gehabt und werden jetzt jedem einzelnen Fall nachgehen. Das sind Spannungen im Übergang, es wird sicher Ruhe eintreten.

Vereine: Was im Norden Marxismus war, war hier Bayerische Volkspartei. Ich: Das gibt für mich ein anderes Bild. Ich glaubte gegen Kommunismus. Volkspartei war nie im Bund mit Marxismus. Er: Die Regierung konnte sich nur halten, weil stille Duldung der Sozialdemokraten. Er: Die Bayerische Volkspartei will wieder Versammlungen halten, ich habe Anträge. Die alten Parlamente sollten überhaupt verschwinden. Ich: Scharnagl, ob im Landtag bleiben. Ich hätte verstanden, wenn überhaupt kein Geistlicher darin sein solle, aber Scharnagl, der beste Kenner des Concordates, auch seiner Vorgeschichte. Er: Hat ein ungeheures Wissen. Ich: Er war nicht einmal ein Kämpfer. Er gibt keine Antwort. Die Parteien will er verbieten. Er denke nicht daran, die Deutsche Jugendkraft zu verbieten oder aufzuheben. Für unsere Leute ist das getarnte Bayernwacht, also Wehrmacht der Volkspartei. Ich: Waren es überhaupt so viele? 36000. Ganze Vereine waren dabei. Ich bin stolz, dass Revolution ohne Blut, also doch nicht jetzt die Köpfe blutig schlagen. Darum weg von der Straße, wenigstens ein paar Monate lang. Keine Umzüge. Ich frage nochmal: Also die Vereine werden Sie nicht verbieten? Nein, nur keine öffentlichen Umzüge für die nächste Zeit, aber die Parteien werden verboten. Also in allem Abstand von der Partei entpolitisiert.

Kirche: Hat uns sehr wehgetan, dass wir verfolgt wurden. Ich: Warum nicht eine Erklärung wie Hitler im Reichstag? Er: Hitler ist ein überragend großer Mann. Ich wollte, Sie würden einmal mit ihm sprechen. Er, Wagner, habe für den Wahlkampf Plakate gedruckt: Wir wollen katholisch bleiben und oft in Rede das erklärt. Ich bin katholisch und stamme aus einer gut katholischen Familie. Wenn Hitler das nicht gebilligt hätte, hätte er mich abgesetzt. Aber für ihn überraschend und beunruhigend, dass wir nicht aus Glauben gegen Ihr Wort, sondern weil andere es gar nicht bekannten.



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Gottesdienst wird ruhig verlaufen. Auch mit den anderen Bischöfen gesprochen. Nicht mehr nach der Fahnenschau, dagegen in der Kirche den Tschako abnehmen. Er notiert sich „Bittet um Entschuldigung, daran haben wir gar nicht gedacht“. Erst bei bei den Reichswehroffizieren abgenommen. Auch in der Fronleichnamsprozession – „Da werden wir noch eine Verordnung hinausgeben“. Warum haben Sie als Bischof uns nicht rufen lassen. Mich zum Beispiel. Ich hätte gefürchtet: Sie geben mir die Antwort, die ich dem Minister Hoffmann gab. Was mischt sich der Bischof drein. Sie haben uns doch nur als Volkspartei gesehen. Sie sind jetzt Sieger – überall anerkannt. Nicht von Sieger und Besiegten sprechen wie nach dem Krieg? Aber Sie sind es, also auch die Tugend des Siegers ist Großmut. „Keine Rachsucht“ – da wurde er ernst. Die Verordnungen gegen Unsittlichkeit – zum Beispiel Badeunsittlichkeit - Ich gebe ihm unsere Anträge. Er habe früher nie etwas von Deutscher Jugendkraft gesehen oder gehört – die seien aber doch alt. Er meint, früher seien sie nicht auf die Straße gegangen. Jetzt sagen seine Leute: vierzehn Jahre geplagt und jetzt sollen wir um die Früchte der Revolution betrogen werden. Einmal wollten an einem Tage 400 Menschen den Minister des Inneren sprechen. Wenn die Vereine Abstand halten von der Partei, wird ihnen nichts geschehen. Beim Hinausgehen, nur das Stiegenhaus habe Sonne, sein Ministerium sei ohne Sonne und sehr düster. Vor dem Haus wartete 2 SA mit dem Auto, was Aufsehen erregte. Er habe die Sache mit dem Leohaus nicht in die Presse kommen lassen (aber doch) und halte Vieles zurück, um die Erregung nicht noch größer werden zu lassen. z.B. Aktion. Ich: Der Heilige Vater war durchaus unpolitisch, darum nicht das Zentralkommitte genommen.

R seine Rede in Regensburg: Weil erworbene Rechte der Beamten. Von Zugspitze Häusler und Schachleiter war nicht die Rede.

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Gegenbesuch bei Wagner, 13.6.33, 11.30 - 12.15 Uhr.

Anfahrt [ ... ] Theatinerstraße, wurde vorher angefragt, wäre besser im Hof gewesen. Standartenführer Höfel? Empfängt am Wagen. Die Wache mit Augen rechts, beim Weggehen durch den Hof gehen gleich drei Herren auf Kommando und stehen gleich zwei Züge mit Augen rechts. Und dabei hatte ich einen Protest gegen die SA übergeben.

Übers Bild von Hitler an der Wand. Der Aufbau der Regierung: Er sei eigentlich Gauführer von Hitler bestellt. Ich: Ob es mit dem Führerprinzip zusammenhänge, dass alles an die höchste Stelle komme. Er: Nein, wir wollen schon, dass die unteren Stellen Verantwortung tragen. Er sei also politisch und zugleich Wehr Hinsicht.

Ich: Ich bringe einen Protest. Er fährt auf. Vorgang auf dem Gesellentag: Dass der Gottesdienst nicht stattfinden konnte. Er war im Glauben, schon Samstagabend sei abgesagt gewesen. Ich erkläre, was Sonntagfrüh spielte, und erst als die Polizei den Schutz nicht übernahm, wurde 9.00 Uhr abgesagt. Schriftlich der Empfang der Absage bestätigt, dagegen Sicherung für den Abtransport nicht zugesagt. Er: Von dem Gottesdienst habe ich nichts gewusst d.h., dass er stattfinden sollte. Wir haben den Abtransport gesichert. - Ich: Ja, aber im Bahnhof abends: Fahnen, die eingerollt waren nach der Verabredung, wurden aufgerissen, Stangen zerbrochen, das tat den Gesellen weh. Die Fahne mit dem Buchstaben K
Gemeint: Adolph Kolping.
, der 1849 als erster gegen Marx in Köln auftrat. Koffer durchsucht - nach Waffen? Mantel aufgerissen - Davon weiß ich nichts, ich werde es aber streng untersuchen und klarstellen lassen. Hemd auf der Straße abgerissen - Das wusste er.

Ich: Die Gesellen hatten Disziplin. Er: zwei Fälle sind festgelegt, in denen sie selber tätlich wurden. Ich: Im Hofbräu auf ein Trompetensignal das Lokal verlassen. Solche Zurückhaltung für jene Herren nicht leicht. Der Kurier von heute stellt das fest und nun verboten. Er: Ich kann das nicht billigen, man soll der Presse Freiheit lassen, aber das ist Sache der Kanzlei.

Uniform: Hauptpunkt. Davon habe ihm Nattermann nichts gesagt. Ich: Ich habe auch die Uniform zum ersten Mal gesehen. Er: Das hat unsere Leute ganz wild gemacht. Darum abends verboten. Er sei den ganzen Tag auf dem Büro geblieben, um Ordnung zu schaffen. Die weibliche Jugend in einer bestimmten Bluse? Gehört nicht hierher. Wenn sie auf dem Turnplatz marschieren? „Ich greife in das innere Leben nicht ein.“ Ich übergebe zwei Punkte 1) An die katholischen Vereine: Zwei bis drei Monate nicht sich öffentlich zeigen mit Uniform, Fahne, Kolonnenaufmarsch. Das auch an die Bischöfe schreiben. 2) An die Geistlichen Anweisung, nichts gegen die Regierung zu tun. Er: Mehrere Fälle, dass Geistliche Wahlflugblätter verteilen. Ich müsste sie einmal einsperren.

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Zum Gesellentag scheint die Schuld beim Polizeipräsident zu liegen. Ich: Die Polizei hat nichts getan, war überhaupt nicht zu sehen. Zu einer Frau an der Schrammerstraße: Die schwarze Bande ist schlechter als die Kommunisten. Darauf gibt er keine Antwort. Einer, der sechs Jahre im besetzten Gebiet war: So sind wir von den Franzosen nicht behandelt worden.

Zum Schluß ist er sehr freundlich. „Wir werden für die Kirche eintreten.“ Es ist uns schwer gemacht worden, vielleicht einmal darüber sprechen. Aber Sie sollen sehen... Ich: Ich danke, dass ich mit Ihnen so offen sprechen darf. Wir wollen das immer tun, auch wenn etwas Unangenehmes. Er stimmt zu. Ich wünsche ihm gute Gesundheit, dazu seien sechs Stunden Schlaf notwendig. Er: Sei jetzt hierher gezogen.

Dann sollte ich meinen Protest bei der Polizei einreichen? Nein, lassen Sie ihn da, ich bin die Beschwerdeinstanz. Er leitete ein: Es gibt vom Reich aus ein allgemeines Verbot der Uniformen. Ich sage ihm: Diese Menschen sind nicht zehn Jahre bei Ihrer Bewegung, da hätten sie mehr gelernt, die sind neu dazu gekommen und sind wohl 1918 auch schon dabei gewesen. Er: Ich habe Hitler gesagt, wir sind vielleicht zu geschwollen.

Der zweite Besuch von Wagner bei mir, 25. Juli 33, 12.00 - 12.45 Uhr (Standartenführer
Vermutlich gemeint: Höfel.
im Vorzimmer). 1) Sie kommen wegen Kirche in Bogenhausen. Er habe viele Zuschriften bekommen und Besuche, die Kirche dürfe nicht abgebrochen werden und deshalb an Ort und Stelle angeschaut. Nun einen neuen Bauplatz am Secchiplatz, Fie hler, der sich entschuldigen lässt, wollte mitkommen, hat zugesagt, Platz sei überall und auch die Straßenrichtung - wir wollen doch kein Geschäft machen wie früher, wir wollen der Sache dienen. Die alte Kirche wieder herzurichten, 10 oder 20000, „Das bringt Ihr selber auf“, zahle selber 1000 M, andere zahlen 200 oder 500 oder 1000 - für das Kunsthaus habe ich bereits 2,5 Millionen - 5 brauchen wir, wir bekommen 6 und 7. Dann bauen wir eine neue Kirche, nicht mehr Notkirche, sondern unter neuer Regierung etwas Richtiges. Respondeo: Ich danke fürs Interesse und für die Hilfe. Mir darum zu tun: Wenn nur angefangen wird, um Arbeitslose zu beschäftigen. 1. Mai hat Reichskanzler die Privatwirtschaft aufgerufen - ich wollte schon an ihn schreiben. Schemm hat mir Ja gesagt nach den ersten Ansprachen. Wir haben 80000 M. und müssen Pfarrhof bauen. Er meint 200000. Auch das gibt keine prächtige Kirche. Wir können keine Schulden machen. Die Steuer zurückgegangen. Die Kunstfanatiker bedenken nicht: Wir haben ein halbes 100 solcher Kirchen. Es ist eine Dorfkirche in der Stadt. Turm und Südwand und Einrichtung in die neue übernommen, bloß ein Gottesdienst in der alten, früh für die Angestellten oder 11.00 Uhr für die Leiber? Die neue Kirche wird Hauptkirche und die alte wird zerfallen. Er meint: In acht Tagen sei alles bereit, der Schimmel reite nicht mehr so langsam. Ich habe zu viel dagegen. Für mich die Seelsorge das Erste. Die gleiche Arbeit wie für den alten Plan? Er sagt: Ja. „Wenn ich aber einfach den alten Plan nicht genehmige?“ Herr Staatsminister, offenes Wort, dann haben Sie ihre Zuständigkeiten überschritten. So weit geht die Staatsaufsicht nicht.

2) Ich danke für Erlasse zur öffentlichen Sittlichkeit, darum die Bischöfe gebeten. Er entschuldigt: So spät bekommen, weil erst norddeutsche Erlasse angesehen. Ob ich zufrieden sei? Es ist viel erreicht, nun eine Grundlage. Wenn nur wie in Amerika das Pluderkostüm in den Familien. Er meint, das wäre ein Gedanke, er will etwas tun. Im Aufstehen: Er wird 14 Tage in Urlaub gehen. An ersten Tag 2000 Telefonate und 700 Briefe?