Hermann Wilhelm BerningParallelansicht ⇨
Gesprächsprotokoll, 5. September 1934

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Dieses Dokument ist auch ediert in: Volk, Ludwig (Bearb.), Akten Kardinal Michael von Faulhabers 1917 - 1945. Bd. 1: 1917 - 1934, Mainz 1975, Nr. 441, S. 897-900.
Bischof Berning von Rom zurück, 5.9.34

Die Verhandlungen in Berlin gingen gut. Hitler versprach sofort, Wiedererweckung des alten Germanentums sei Unsinn und die neuheidnische Bewegung nicht zu fördern. Mein Brief an Hitler zurückgestellt, weil er sich auf den Hirtenbrief berief und weil alle Punkte mit Ausnahme des Grußes in der mündlichen Besprechung vorgebracht wurden. Zwei Hindernisse: 1) Die Bemerkung, die Partei sei nicht an das Konkordat der Reichsregierung gebunden. Der Heilige Vater sei dabei aufgefahren. Später sagte er: Es war doch gut, daß sie zur Sprache brachten. Überhaupt nicht mehr verhandeln? Er habe einmal zu Mussolini gesagt: Wir verhandeln mit dem Teufel, wenn es um die Seelen geht. Berning an Convertit: Früher habe ich nicht an den Teufel geglaubt, aber seit ich Goebbels kenne. 2) Die Roehm-Revolte, die während der Verhandlungen die Herren der Regierung bereits beschäftigte. Vier Wochen vorher war ihm ein Rev zugeschickt worden. (Hess: Im Cabinett wird nicht abgestimmt, sondern der Führer entscheidet. Und er folge seiner inneren Stimme, die ihn niemals falsch geführt hätte. Dazu stimmt, was er selber einmal sagte: Meine Herren, ihre Gründe sind durchaus überzeugend, aber die Stimme meines Herzens sprach dagegen. Gerüchte: Er habe wie Jeanne d'Arc eine Vision der Mutter Gottes gehabt, er soll Deutschland retten. Etwas Mystisches, darum keine Familie; aber sein Treueglaube sei erschüttert. Der Heilige Vater: Vertrauen kann ich nicht haben, aber Hoffnung will ich haben.

Was nun mit dem Hirtenbrief? In Rom besprochen, er soll nach den Erklärungen abgeändert und verkündet werden. Ich: Wenn die Erklärungen kommen, dann wird sein Nicht-Verlesen nicht als Rückzug der Bischöfe gedeutet. Überholt, aber als Broschüre ihn verbreiten. Wenn abgeändert, wäre er in zwei verschiedenen Fassungen in den Händen des Volkes. Die deutsche Regierung errichtete eine Note, als er diesmal mit Einleitung im Osservatore Romano erschien.

Die Vota der Bischöfe: Ich halte sie nicht für notwendig, weil die Minimalgrenzen eingehalten waren. Fürs Protokoll sehr dankbar, aber noch einmal: Vota waren nicht notwendig. Das letzte Wort in Rom zu sprechen. Dagegen Würzburg hatte scharf geschrieben: Die Bischöfe geben alles preis. Münster: Wir hören nichts, wie es geht.

Das Befragen der Organisationen: Wie ich sagte, wollten sie in Köln ihren früheren Besitzstand haben. Besonders der alte Müller
Vermutlich gemeint: Otto Müller.
. Überhaupt die alten Mitarbeiter sind eine Belastung.

Brief von Berning an Bertram, 4.9.34 von Rom. Von Donnerstag bis Dienstag dort, fast jeden Tag stundenlang bei Pacelli. Eine Note an die Regierung, die im ersten Abzug hier ist, morgen von Panico überbracht wird. Über Artikel 31 neue Anträge über Veränderungen, weitere Verhandlungen möglich. Orsenigo will möglichst bald nach dem 9. September bei der Regierung neuen Verhandlungstermin erbitten. Der Heilige Vater hat persönlich den Entwurf und ist grundsätzlich einverstanden. Bei der Eingliederung in die katholische Aktion sollen die Bischöfe dafür sorgen, daß den Laien eine gewisse Eigentätigkeit überlassen bleibt und nicht alles von den Bischöfen absorbiert wird, zum Beispiel in den Zentralen eine aktive Stellung der Laien. Nicht zu viele Konzessionen sollen die Bischöfe denen machen, die das Konkordat verneinen. Der Heilige Vater leide mit den deutschen Bischöfen. Er sei zufrieden mit allem, was die Bischöfe bisher getan haben fürs Konkordat, wie es auch den Erwartungen der guten

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und mutigen Katholiken entspreche. Die weiteren Verhandlungen in Fühlung mit Orsenigo. Den apostolischen Segen allen Bischöfen, besonders den dreien
Als Vertreter der Fuldaer Bischofskonferenz nahmen an den Nachverhandlungen zum Reichskonkordat Erzbischof Gröber sowie die Bischöfe Berning und Bares teil.
. In der Note ist der Abschnitt: Parteipolitisch zu setzen statt politisch und die Mitarbeit an der öffentlichen Wohlfahrt zu fördern, ebenso die Geltung des Sittengesetzes fürs Gemeinschaftsleben.

Frick sagt während der Verhandlungen: Früher war es unser Ziel, den Nationalsozialismus als einzigen Glauben in Deutschland aufzurichten, aber heute wissen wir, mit der katholischen Kirche ist nicht so einfach fertig zu werden. Die katholischen Bischöfe haben den Nationalsozialismus richtig beurteilt: Früher wollten wir eine neue Religion sein, heute nicht mehr.

Das furchtbare Gerücht, in der Zeit von 20. - 30. August würden 500 Katholiken weggeschafft, besonders 24. - 26. Warnungen aus der Schweiz und Brün.
Möglicherweise ist Heinrich Brüning gemeint.
sei dabei beteiligt. Die Redakteure, Präsides ... seien abgereist, Wolker in die Schweiz, Pater Esch habe zu den Schwestern gesagt: Er würde nicht mehr wiederkommen.

Klausener nicht, weil er Katholik war, sondern weil er als Polizeireferent sehr viel wußte. Er war deshalb auch nicht abgesetzt worden, sondern in der gleichen Eigenschaft in das Verkehrsministerium. Man hatte also nicht den Mut, ihn auszustellen. Die zwei SA, die ihn erschossen haben, wurden selber erschossen. Ein Geistlicher habe beobachtet, daß eine Gruppe „der Peter“ mit ihm verhandelte. Auch Probst, früher bei Ehrhardt sei politisch sehr stark verbunden gewesen.

Eingliederung der Vereine in die Aktion: Der Heilige Vater, überdiözesane Zentrale mit mehr Laien. Das Büro ist bereits gebildet. Neugliederung wäre sehr schwer, und dann nach anderen Gesichtspunkten ausgewählt als man sie in Düsseldorf brauche, eine Zentrale mit zwei Aufgaben: 1) Geistiges Material geben für die Aktion. Die Andachten von Schmidt-Pauli, Hugin... 2) Für die Sonntagszeitung. Berning für ein Jahr der eucharistischen Bewegung, Gemeinschaftsmesse, ewige Anbetung. Also das aszetische vor dem apostolischen. Die Jugend in der Pfarrfamilie aber die Arbeitervereine. Zuerst mit der Zentrale reden, dann erst mit den Bischöfen. Den Zentralen zuerst sagen, was erreicht wurde (doppelte Mitgliedschaft), was mit Vereinskassen. In kleineren Orten die Arbeiter in die Männerwerke eingliedern.

Der Samstag der Staatsjugend: Unsere Jugend sollte mitmachen dürfen. Das wäre Volksgemeinschaft, in die Schule gehen müssen ist zu odios und die Lehrer werden Vorwürfe machen.

Die HJ zu verdorben. Ich habe wenig Hoffnung, daß sie noch umgestellt werden könnte. In Murnau der Remold. Die lernten nur Disziplin. Wenn richtig militärisch ausgebildet, dann aber auch wie früher religiöse Betreuung.

Fahnen auf Kirchen und kirchlichen Gebäuden soll einheitlich geregelt werden. Hier auch nicht die protestantischen Kirchen. Der Dom niemals. Wo es also niemals war ...

Beschwerde, daß die Geistlichen belästigt wurden, die am Donnerstagabend noch nicht läuteten. Der Heilige Vater hat zugestimmt, abzuschließen aufs Votum der drei Kardinäle, die einmütig für einen Abschluß waren, auch wenn nicht alle Forderungen erreicht werden.

Eifer vor Abreise: Freiheit des Verkehrs nach Rom - eine Überwachung wäre gegen das Concordat, wir müßten einschreiten, aber geben Sie Einzelfälle.

Anweisung an die Landesbehörde: Das ist jetzt leichter, weil Reichsinnenministerium Polizeigewalt hat.

Das Schwerste wird mit der Aktion sein, besonders Zentrale. Also vorher mit den Verbänden verhandeln. Der Heilige Vater wird wohl eine Note

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an die Bischöfe richten, daß sie zwar nicht alles erreicht, aber sich sehr bemüht haben. Die zwei Erklärungen: Freiheit der Lehre, keine Unterstützung der neuheidnischen Bewegung - wird Hitler selber abgeben. Die Fragen mit der Organisation wohl Frick in seinem Namen. Freiheit der Lehre: Umfaßt nicht die Vorträge in der Universität, nicht die Schriftleitung der Zeitung. Wohl können die die Herkunft der [ ... ] Artikel angeben und in der nächsten Nummer eine Erwiderung, aber immer von der kirchlichen Behörde.

Hitler: Wir wissen, daß kaum 5% von den Jugendführern geeignet sind, Jugend zu führen, aber wir müssen Wesen erst schulen. Einer sagte: Durch die katholischen Organisationen werden uns die besten Kräfte weggenommen.