Tagebucheintrag vom 22. Oktober 1946Parallelansicht ⇨
Nachlass Faulhaber 10025, Seite 15,16

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Dienstag, 22.10. 9.00 Uhr in Sankt Ludwig zum 25. Jahresgedächtnis des Todes von König Ludwig III. Jahrestag. Gehalten von Stadtpfarrer Nißl - ich in Chorkleidung assistiert. - Anfahrt und Wegfahrt im Hofe von Sankt Ludwig.

Herr und Frau Feeser, früher Nachbarn, jetzt Freising, im Generalgouvernement zwei Mal ausgebombt. Der Sohn jetzt Lehrerprüfung gehabt. Nicht klar, was der Besuch wollte.

Die beiden Schwestern Prinzessinnen Hildegard und Helmtrud hier wegen des Requiems für den Vater. - Hildegard schenkt mir ein Bild von Schloß Wildenwart, Helmtrud eine von ihren zwei Fensternudeln.

Lapisbeisser, Ast - eigens zwei Tage hier geblieben. - Übergibt Eingabe des Expositus Greis um Oberföhring, entsetzt sich, daß man in Landshut, Sankt Martin, ihn als Nachfolger für Sankt Martin will. Wir geben Cafè mit, Cacao ...

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Zu Tisch Exzellenz Ekstrand und Elisabeth Schmidt-Pauli. Er hatte Pakete gebracht, entwickelt Youth national und international. - Soll helfen - ich warne aber: Nicht wie früher Jugend durch Jugendführer. Ist mit einem großen Autobus hier.

17.00 Uhr Besuch bei Paz, im Wagen drei Pakete, weil Pater Lator gebeten hatte. Draußen große Gesellschaft, weil Geburtstag von Ludwig Ferdinand. Langes Lesen der Briefe von Franziska van Leer und Hans Vornehm - die anderen kommen auch rein, auch Prinz Clemens. Dem Prinzen eine Blechdose voll Tabak und 60 Zigaretten.

Gegen Leer: Tatsache, daß sie wegging, nach Palästina ging, ohne kirchlich getrennt zu sein. Das Kind schreibt an den Vater mit 14 Jahren, unterscheide zwischen Vater und Mutter - Mann und Frau! Am Schluß: Sie will ein Buch schreiben über die Zeichen des Himmels - die Erscheinung. Für sie spricht: Gibt zu, daß ihre Nerven gelitten haben. Dagegen Vornehm: Man hätte 264 Briefe gefunden an einen Freund, jetzt der vierte. Gegen andere freilich ganz verworren, auch nicht mehr Deutsch verständlich. Man hätte ihn umbringen wollen.