Tagebucheintrag vom 29. Dezember 1945Parallelansicht ⇨
Nachlass Faulhaber 10023, Seite 93,95,97

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Samstag, 29.12.45, 9.00 Uhr, Dreimärkl zwei Spritzen Strophanthin und Homobile.

Abt Sigisbert, Schäftlarn: Ein Pater unter dem früheren Abt studienhalber nach Berlin beurlaubt, nicht mehr zurückgekehrt, nur einmal ein Buch über den Athos geschickt - zur Partei, im Büro Rosenberg (!) Heirat der jungen Tochter einer gut katholischen Familie, Frau und sieben Kinder aus der Kirche ausgetreten, jetzt in Österreich wieder zurückgenommen, Frau in einem mitteldeutschen Lager. Ob Lossprechung von Exkommunikation, Aufnahme und Laienkommunion? Affirmative. Hatte Schlaganfall, zum Teil gelähmt und wird nicht lange mehr leben, sehr klein geworden, vom Herrn geschlagen. Abt mit der Frau einmal sprechen.

Pater Riener, Lager Aibling: Kommt eigens, zu sagen, die 8000 Päckchen haben eine unsagbare Freude ausgelöst. Also doch die Kirche und der Bischof. Ich lege ihm nahe: Ob nicht eine Kirche ähnlich wie in Dachau zu errichten und ob nicht von den aus Italien kommenden Geistlichen sich einige zur deutschen Seelsorge in den Lagern melden.

Zinkl: Wegen der Professuren an der Universität München - kommt Mittwoch wieder.

Gestern an einem Tage Silvesterpredigt diktiert bis in die Nacht hinein, heute muß er fertig werden, Wiederholung, Exemplar Innenstadt München.

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Zinkl: Wir sprechen die Professorenliste des Cultusministeriums durch - noch drei Unklarheiten.

Jandl: Bericht über Sankt Gallener Caritashilfe. Erscheint einigen in [ ... ] neuem Lichte. Können für 10000 amerikanische Soldaten, die als Bauarbeiter umgestellt werden, Zivilkleider beschaffen. Überreicht Kalender und Statistisches Material. Eine ungeheure Arbeitslosigkeit. Silvesterwort und Papstbrief.

Graf Soden, Gauting, gratuliert im Namen der Malteser. Ich überreiche Papstbrief und Silvesterwort des Bischofs je zwei Stück, eins für Kronprinzen. Sehr verlegen um einen päpstlichen Orden - wenn mündlich die Bitte vorgetragen werden kann. Taxenfrage vergessen. „Aber natürlich nur einen hohen Orden.“

E. Jäger gratuliert mit Blumenstock. Erhält Silvesterwort.

16.00 Uhr, Silvesterabend: Stadtpfarrer von 14 Heiligen, Hart, und zwei Herren von der dortigen Siedlung. Soll alles aus den Häusern geworfen werden für Juden und Polen. Wir schreiben gleich drei Gesuche.

Märkl - zum Gratulieren, hat Papier und viele Sachen geschickt, will den Hund spazieren führen. Abends vor und nach Tisch kommen die Gratulanten im Haus.

Keine Silvesterpredigt, weil keine große Kirche im Inneren der Stadt. Dafür Manuskript an die Pfarrämter verteilt.

1944

Märkl - Fall auf der Polizei gemeldet. Ein Mann auf dem Rad, von Polen überfallen. Er muß seinen besseren Rock ausziehen und vor ihnen den alten Rock eines der Räuber anziehen. Beim Weiterfahren hört er plötzlich hinter sich Schreie - und findet in seinem alten Rock 30 000 M. und mehrere goldene Armbanduhren.

➥ Seite 97

16.00 Uhr: 16 - 20 Herren und Damen von Sankt Gallen caritativ. Heute Morgen hatten sie im Rathaus ihre Sachen abgeliefert - von uns leider niemand dabei außer Jandl, von der anderen Seite Landesbischof war dort. Ebenso beim Thee.

Ministerialrat Fischer-Giehrl: Über [ ... ].

Geheimrat: Trotz alles Abwinkens zur Vorbereitung der Kapellenweihe. Hausgeistlicher Lebmann.