Tagebucheintrag vom 19. Mai 1936Parallelansicht ⇨
Nachlass Faulhaber 10017, Seite 41-42

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Dienstag, 19.5. Ein schwerer Tag. 10.30 Uhr: Oberpfarrer Aniser - wechselt mit Oberpfarrer Stump von Stuttgart die Stelle. Ein persönliches Opfer der Sache wegen, es wäre sonst die Osterbeichte und der Gottesdienst gestört oder abgeschafft worden, was er zugibt. Die Lösung aber besser als Hamburg. Ministerialrat Senftleben von Berlin wollte eine friedliche Lösung, aber Reichenau besteht auf der Entfernung Anisers. Gmeiner wird bleiben.

Frau Clara Steger, St. Louis, Missouri, überbringt von der 70-jährigen Frau Nonner ein rotes Cingulum, das diese mir bereits 1926 in Saint Louis geben wollte. Von hier, ihr Bruder macht ihr Vorwürfe, daß sie amerikanische Bürgerin wurde. Sie liebe ihre Heimat, verstehe aber den Fanatismus nicht. Ein Amerikaner sei geohrfeigt worden, weil er die Fahne nicht grüßte. Ihr Mann aus Lohr, sehr fromm, hat sie im Glauben wieder befestigt. Grüßt mit christlichem Gruß und bittet am Schluß um den Segen. Erhält zwei Karten unterschrieben, eine für Frau Nonner. Der Mann in acht Stunden lebend und tot.

Dr. Dittmann, Herrnstraße 36 - stellt sich weiter nicht vor. Hatte eine Denkschrift über die katholische Bedeutung der Familienforschung eingereicht. Sehr wichtige Gesichtspunkte, seelsorgerlich ist wichtig, zum Beispiel wenn Selbstmord oder Warnung vor Mischehe. Wie veröffentlichen? In der Kirchenzeitung nur in mehreren Absätzen. Also zerrissen, nicht so eindrucksvoll. Als besondere Broschüre? Muß aber doch polizeiliche Erlaubnis haben. Er denkt an die Salesianer. Ich: Verbreitung im Volk ohne Beziehung kommt teuer. Wir werden unsere Jugend schulen für Matrikelforschung, ein Curs in Freising und dort diese Gesichtspunkte. Unentschieden auseinander. Er will sich noch überlegen.

Georg Liebel, Walleiten, Post Bad Tölz. Will mitteilen, daß er geheiratet habe. Die Johanna sei die Frau, die er sich wünsche. Ziehtochter von Schilcher. Nur einen Haken habe es: Sie sei verheiratet gewesen. Er betrachte die standesamtliche Trauung als rein polizeiliche Vorschrift, nicht fürs Gewissen. Nun die Annullierung der ersten Ehe: Vom Onkel Dictat. Gezwungen, weinend zur Trauung, nachher den Ring hingeworfen, - die Ehe wegen verschiedener Ehebrüche des Mannes geschieden. Jetzt in Rachsucht. Respondeo: Muß im Ehegericht zu Protokoll genommen werden, soll gleich hinüber gehen. Daß sie weinte ... Sind gewisse Zeichen für Willenshemmungen .. Aber das muß durch Zeugen bewiesen werden. (Seine Zukunft? Das weiß er nicht.) Ob nicht als Jäger? Will sehen.

Rosa Wolker - inzwischen der Bruder frei geworden. Unsere Eingabe vom gesamten Episcopat. Auch Schulte verschiedene Eingaben. Gut, daß im Osservatore Romano eine Ansprache war und daß die Sache der anderen von ihm getrennt wurde.

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14.00 Uhr: Mrs. Dr. Froelicher aus America, Ridgewood, mit einer sehr warmen Empfehlung vom Caritasdirektor Freiburg. Convertitin. Hat früher mit Schlatter viel gearbeitet und jetzt mit Krebs, auch Erzbischof Gröber habe ihr Werk gutgeheißen: den katholischen Nichtariern in Amerika zu helfen. Vier Empfehlungskarten: Empfiehlt Mister Froelicher für ihre sehr wichtige Charity Work an Hayes, Mundelein, Schrembs und eine Karte ohne Adresse. Dann fragt sie über die Verhältnisse: Ich sage, wir müssen den nichtarischen Katholiken helfen. Pater Größer tut es mit Wissen der Reichsregierung, unser Volk ist arm und könnte ohne staatliche Hilfe die Kirche nicht unterhalten. Mein Name steht in den Zeitungen groß auf der ersten Seite. Ich gebe ihr Münchner Kardinalspredigten: Wir sind in der Freiheit sehr eingeschränkt, Predigten verboten. Ob sie den Emigranten von mir sprechen dürfte? Nein = Meinen Namen nicht nennen. Die Emigration schimpft auch über Bischöfe, sie seien nicht scharf genug. In Amerika habe man gefragt: Warum wir vor der Wahl Kundgebung? Den Leuten zu sagen, es handelt sich außenpolitisch um den Frieden, also zustimmen. Die Klöster hatten eigene Wahllokale. Sie meint, wir sollten politisch nicht betätigen. Ich sage ihr noch einmal: Meinen Namen möglichst vermeiden. Sie zeigt mir Den romfreien Katholiken und sagt: Aber das darf gedruckt werden.

15.00 Uhr Tänzl - auf dem Weg nach Chiemsee. Reliquie der heiligen Elisabeth? Nein. Schwager schwer krank.

16.00 Uhr Pfarrer Schlüter von Heidenfeld mit 33 Wallfahrern im Autobus nach Altötting. Sie kommen alle herauf. Bekommen Bilder und Segen. Hatten Blumen mitgebracht. Abgeschaffte, einfache, brave Leute.

Generalvicar: Pater Erlafried celebriert - in äußerster Geduld versucht. Über Unterstein, Dr. Vogel, Schnell in Erlstätt. Josef Roth.

Früh noch Zinkl: Sehr lang. War auf dem Ministerium über Klosterschule: Seien weltfremd, seien nicht im Zug der Zeit. Die Evangelischen wollten nicht Gerede, das in Nürnberg.