Tagebucheintrag vom 19. Februar 1936Parallelansicht ⇨
Nachlass Faulhaber 10017, Seite 7

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Mittwoch 19. Februar, der 25. Jahrestag der Weihe.

9.00 Uhr im Dom nach dem Einzug mit Bischof Müller predige ich „Der Bischof und sein Klerus“, ziemlich lange gegen 50 Minuten. Dann das Hochamt. Nuntius auch dabei. Lautsprecher geht schlecht. Mittelschiff für die Geistlichen vorbehalten. Der Dom gesteckt voll. Bei der Heimfahrt wieder große Ovationen, die sich das Volk nicht nehmen läßt trotz Abmahnung. Dieses Mal die Polizei ausgerückt, um die Straße frei zu machen, auch Detective. Einige Hochrufer auf die Polizei geführt.

11.30 - 12.30 Uhr Empfänge: Mittenwald mit Kaplan und Jungmänner überbringen Geige. Zuerst die Dekane mit einer Rede des Generalvicars angeführt. Die drei Herren vom Seminar, die bei Tisch noch untergebracht werden müssen. Pater Cornelius hat eingeladen. 42 Herren bei Tisch, auch Pfarrer Hilmer aus Aachen, der im Hause wohnt. Ein Jungmann bringt Blumen, sein Vater Rechtsanwalt Sperle?

12.30 - 14.00 Uhr Tisch der Decane vom Lande - sehr gemütlich. Fische in Sulz, also nicht, daß die vom Chiemsee in der Fantasie von Hartig angekündigt waren und nicht kamen.

14.15 -16.00 Uhr im Gesellenhaus Schommerstraße Versammlung des Priestervereins: Böhmer, Natterer, Priesterverein sehr schöne Lieder. „Selig, die Verfolgung leiden“. Natürlich unter Polizeiüberwachung. Währenddessen Untersuchung im Haus nach Papstpredigt. Professor Lindner hält einen entsetzlichen Vortrag: Grenzenlose Verkommenheit des Klerus, Bestreben der Bischöfe von Rom loszukommen, Staatskirchentum unter den Königen. Entsetzlich. Ich versuche, in meiner Ansprache abzubiegen. Noch länger dort. Bei der Wegfahrt wieder viele Leute auf der Straße.