Tagebucheintrag vom 12. Dezember 1934Parallelansicht ⇨
Nachlass Faulhaber 10016, Seite 16-18

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Mittwoch, 12. Dezember. Pater Kreitmaier: Wegen Beschlagnahme der Stimmen der Zeit hat Erzbischof Freiburg Einspruch erhoben. Auch von hier aus? Ja, aber nicht persönlich, confer Nachtigall, sondern durch das Ordinariat. Ich danke für den Artikel von Rahner gegen Handbuch der Judenfrage.

Schloß: Sohn auffallendes Benehmen, im Betragen 3. Note, meidet Spielgenossen, läuft der Mutter nach, Schmerzen an der Schulter. Klagt, daß die Parteimitglieder überall bevorzugt werden. M. 20.-

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Baron Cramer-Klett von Rom zurück. Hinwärts in der Schweiz mußte er sich 20 frs. leihen. Der Heilige Vater schickt seinen Segen und sei in Gedanken viel bei mir, ebenso Pacelli. Mussolini habe ihm gesagt: „Ma à Monaco habt ihr einen mutigen Kardinal. Einen großen Kardinal. Ich habe seine Predigten gelesen.“ Sein Diener krank geworden. Der Heilige Vater nicht müde: Jeden Tag noch allgemeine Audienzen und dann die sposi, denen er ein Buch über die Ehe und Rosenkranz gibt, etwa 200. Bis 15.00 Uhr. Asthma viel besser durch Massage der Halsknochen und Schenkel und Homöopathie.

Frau Sambeth - bringt kleine Krippe. Auf dem Pult liegt das Exercitienheft „diskret an La Rosèe oder verbrennen“. Ihr Schwiegersohn, bald abgebaut, auf Betreiben seines Schwagers Stahl, will Architekt werden - Wie schwer es ist, Kirchenbauten zu bekommen, möge Böhmer besuchen in meinem Auftrag. Nimmt die Geige mit für Wurzer.

Herr Rabenberger - wollte wie früher eine Erwerbslosenausstellung veranstalten, wurde verboten, jetzt in die [ ... ]ausstellung eingereiht. Sei nicht zu raten zu besuchen. Für seine Auslagen 25 M.

Baron Redwitz: Ob sein Herr Beatifikation von Maria Ward unterschreiben soll? Ja, ich begrüße es wegen der Freude des Heiligen Vaters und wegen der Beziehung des Königshauses zu Ward. Vor zwei Jahren unmöglich, aber jetzt hat Grisar die falschen Berichte widerlegt.

15.00 Uhr besuche ich in Decker Klinik Frau Max. Fuchs. Hohes Fieber. Eiter. Entzündung, sagt die Oberin. Schon vier Wochen krank. Für Auslagen 200 M. und Kreuzweg. Mehrere Geistliche dort.

16.00 Uhr Dr. Venator - Weihnachtsküche und Predigt im Dom.

18.00 - 19.00 Uhr Dr. Schneider: Langer Vortrag, was er alles getan im Heiligen Jahr. Bis auf 1000 heute abgebaut. Der Wagner
Gemeint ist möglicherweise der NSDAP-Gauleiter Adolf Wagner.
: Wir dürfen nur nordische Menschen nehmen, ich sehe so viele Ostmenschen und Alpengesichter. Herr Oberst, ziehen Sie den Mantel aus. Er könne erschossen werden, wenn er in die Türkenkaserne täglich gehe. Fronleichnamsprozession. Die grüne Polizei werden die schwarzen Hunde genannt, die Faulhaberknechte. Warum keine Exercitien für Schutzmannschaft. Einige Frömmler dabei. Unpolitisch, aber vaterländisch sei seine Losung. Sein Unglück, daß er den Pfarrkonkurs gemacht, denn am Schluß wieder die alten Vorwürfe: Die kirchliche Behörde sei absolut passiv, nachdem er das alles getan, er gehe in die Mission, seine Gesundheit erschüttert. Ich: Seine große Arbeit wurde immer anerkannt. Warum die Polizei nicht im Concordat. Ich habe geschrieben wegen Armeebischof, aber Bertram und die Reichswehr mit dem Halt an Rarkowski.

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Heute ist jeder verdächtig, der unter früheren Regierung überhaupt schon lebte. Auch als Wehrkreispfarrer hätte er eine vorbildliche Arbeit geleistet. Er lehnt alles ab: Nach 16 Jahren hätte Aniser die Totenfeier gehalten auf dem Friedhof. Er habe doch auch eine Ehre, und wird immer gefragt. Zuletzt, als er seine Verbitterung, er könne nicht schlafen, immer wiederholt, stehe ich kurz auf und gehe ohne ein Wort zur Türe.