Tagebucheintrag vom 22. April 1933Parallelansicht ⇨
Nachlass Faulhaber 10015, Seite 40-41

Samstag, 22. April, 8.00 - 9.30 Uhr, Minores in Pullach. Prälat Pfaffenbüchler ganz verzweifelt und gedrückt wie noch nie, weil in Adelholzen der Jackl in der Maschine den Fuß verlor und wahrscheinlich sterben muß. Das ist ein Unglück, aber nicht fahrlässige Schuld. Höchstens wird die Unfallversicherung sich weigern.

Graf Walterskirchen, Wien, vom Cardinal geschickt, um hier die Heimatmission zu studieren. Die Hauptsache, der Spiritual Pater Heribert und die Oberin. Soll zu beiden gehen. Spricht sehr langweilig, bis ich aufstehe und will zuletzt sogar noch Politik anfangen.

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Professor Schmaus - kommt von Prag nach Münster in Westfalen In Berlin wurde die Sache viel schneller erledigt als früher. An der deutschen Universität in Prag soviele Stellen erledigt, als ob sie ausgehungert werden sollte. In Berlin habe ihm der jugendliche Referent Achelis gesagt: In der katholischen Theologie kann doch ein Fach wie Dogmatik nicht ein ganzes Semester unbesetzt bleiben.

Pater Willenbrink - Lange und ausführlich wegen Übernahme der Kirche. Ich erkläre: Für mich ist die Sache erledigt. Möglich, daß hinter dem Beschluß der Gesamtkirche die Absicht steht, Ordensleute fernzuhalten, aber es ist so. Er meinte, er hätte von Anfang an nur von Miete gesprochen. Er meint, ein Stockwerk, nicht ein Haus kaufen, wo ihre Studierenden und jetzt etwa drei Patres, später acht - zehn als Missionare und für außerordentliche Seelsorge sein können, auch der Provinzial - Heute nicht das letzte Wort sprechen, aber in zehn Tagen soll er wieder anfragen.

Schultes nicht mehr Stadträtin, weil Zentmeier genommen wurde. Wegen der Richtlinien für vier - sechs Wochen Geschichte an den Schulen. Wir werden in rein religiösen Dingen vorstellig, es würde erst recht auf den Anwärtern nach anderen Richtlinien gedrungen werden, Druck bleibe nicht geheim. Ich überlasse ihr das Manuskript, das mir Abt Placidus gegeben hatte. Gegen Rückgabe. Im Arbeitsdienst vorläufig beim Alten - Ich hätte geglaubt, sie bauen den weiblichen nicht ab, um den Militärcharakter des männlichen zu verschleiern.

Stadtdekan Böhmer: Stand im Leohaus: 154 000 M. Depot abgehoben. Das ist criminell und bevor dieses ausgeglichen, kann die Treuhandgesellschaft nicht weiterarbeiten. Grassl hätte 20000 M zur Verfügung, ich an die anderen Bischöfe schreiben? Unmöglich. Um 200 M ist dort lange Aussprache. Ob er selber herum reisen dürfe? Ist aussichtslos. Ich könnte eventuell 10000, die dem Dom zugesichert waren, dafür freimachen, vielleicht.

Pfanzelt von Dachau: Seelsorge im Gefangenenlager. Von 549 sind 28 zum letzten Gottesdienst gekommen. Haben geweint wie Kinder, einer bittet, seiner Frau zu schreiben, daß er hier sei und noch lebe. Vier wollten fliehen und wurden erschossen. Der Draht unter Hochspannung. Ob in Moosen die Eiche pflanzen? Gottesdienst nicht im Freien, sondern in der Kirche. Ansprache am Festplatz - telefonieren: nein, lieber in der Kirche.

U. Brüch - nach langer Krankheit. Sieht noch krank aus. 50 M. Kurz abgefertigt.

Nachmittags kommt Nachricht, Pfarrer Dr. Graf sei am Vorabend des Weißen Sonntags in Schutzhaft genommen worden.