Tagebucheintrag vom 19. Juni 1919Parallelansicht ⇨
Nachlass Faulhaber 10003, Seite 96

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19. Juni, Fronleichnam. Die öffentliche Prozession darf wegen Kriegszustand nicht stattfinden . Die kleine Prozession im Dom ist sehr ernst, die als Ersatz und Sühne durch die Klostergärten ziehend, sehr andächtig. Solche Dinge drücken unendlich auf die Seele, zumal wegen der harten Gegenvorschläge zu den Friedensbedingungen wieder alle Gerüchte auftauchen. Je mehr die Preußen und Württemberger abrücken aus Bayern, desto näher kommt wieder die Putschgefahr. Seit 1873 war die Prozession nicht mehr ausgefallen, damals wegen Cholera.

Nachmittag in Warnberg, 15.00 - 18.00 Uhr, um den Generalvicar Huber zu besuchen. Seit gestern eine Wendung zum Schlimmern eingetreten, ziemlich hoffungslos. Er ist gefaßt. 69 Jahre. So verliert man seine besten Arbeiter, gerade wenn die schwersten Arbeiten beginnen.

Maria Liebel am Abend - ihre Zukunft sei ihr ganz unklar.

In der Stadt werden immer mehr Drahtverhaue gebaut, die Beamtengehälter werden drei Monate vorausbezahlt, angeblich damit die Italiener im Fall einer Besetzung nicht so viel Geld in der Staatskasse vorfinden.