Tagebucheintrag vom 26. Mai 1919Parallelansicht ⇨
Nachlass Faulhaber 10003, Seite 89

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26. Mai Firmung in Sankt Peter, zugleich für Heilig Geist.

Herr Wilms, Vertreter des Grazer Volksblattes, früher römischer Vertreter, ist in großer Not. Habe Bettinger in Rom geführt, er bedaure nur, daß er nicht mehr lebe (ich auch), müsse immer an die ewige Roma denken, habe von Dr. Müller
Gemeint ist wohl der Genaraldirektor des Katholischen Preßvereins Dr. Ludwig Müller.
50 M erhalten. Habe in einer zentralen Zeitung schon mal eine gute Stelle haben können. Ich gebe 50 M.

Frau Oberst Hotop, wieder um Stipberger zu verklagen. Sie hätte auch gefehlt, weil sie zu viel geduldet, es sei aber nicht Vorsicht. Eine heilige Messe für 10 M. Ich bin sehr zurückhaltend, weil ich eine Katatstrophe fürchte.

Präsident Professor Dr. Zahn vom Statistischen Landesamt, bedankt sich, daß ich ihm den 2. Stock überlassen habe. Sehr viel Politik gegen Hoffmann, der so kirchenfeindlich sei, gegen Schneppenhorst und Unterleitner.

15.00 - 16.30 Uhr im Luitpoldgymnasium, wo zuerst Oberstudienrat Duerne, dann Konrektor Weißenberg und Pedell Stadler führen. In der Ecke des Hofes wurden die acht Geiseln einzeln vorgerufen, nacheinander erschossen. In der Früh mußten sie zuschauen, wie zwei Husaren vom Vortrupp erst als weiße Hunde herrumgejagt, dann an die Wand gestellt wurden und Nachmittag 16.45 Uhr wurden sie heruntergerufen. Gräfin Westarp lehnte laut weinend am Baum, Soldat Teuchert, der einzige in Uniform, stellte sich mit dem Gesicht gegen die Spartakisten, der Hof war voll von Spartakisten, und aus allen Fenstern schauten sie zu. Auf die am Boden Liegenden wurde noch einmal geschossen. Um 17.45 Uhr wurden sie in die Holzhalle geschleppt. Aber dann wurde es Ihnen unbehaglich, und von den Viertausend waren bis nachts 24.00 Uhr alle abgezogen, auch die Führer. Im Hause Spuk grausigster Wildheit: Wenn die Hunnen hier gelagert hätten, könnte es nicht anders aussehen: Im Keller Strohsäcke und Putzzeug für die Gewehre, in 9 a und b, wo früher die Theklakapelle stand, Wohnzimmer, in einem Schulzimmer waren die Geiseln, in einem anderen Zimmer war das Bureau (Bierkrüge, Schüsseln mit Essen, Brotschnitten, Zigaretten, Patronen, Strohsäcke, Soldbücher, Fahrtausweise liegen herum). - An Charsamstag in der Aula wurde die Versammlung gehalten, das Prinzregentenbild unversehrt. Im Physiksaal die Beratungen, die ganze Nacht hindurch: Hier sieht man wie man Papier verbrannt wurde, hier hat auch Levien und die anderen Führer gesprochen. Der Pedell ist fast geisteskrank geworden. Das Gymnasium war Kleiderdepot für die Schutzmannschaft. Als diese in einer Viertelstunde ziehen mußte und alles zurückließ, packten die Spartakisten ihre Bettücher, Schuhe und Mäntel und Tornisterriemen zusammen und schleppten sie über die Mauer.

Im Postulat Blumenstraße 46 um nach der Mutter von Schwester Ethelreda zu fragen. Maria Liebel: Mit der Mutter recht schlimme Aussicht. Der Arzt wird nicht operieren; ob ihrem Wittler zusage - Nein, könnte ihm sehr schlimm ausgelegt werden. Ob mit einem Geistlichen tanzen - Nein;