Tagebucheintrag vom 13. Mai 1919Parallelansicht ⇨
Nachlass Faulhaber 10003, Seite 83-84

13. Mai. Nach der Sitzung Baronin Hertling mit ihren beiden Töchtern: Schwägerin der eben verstorbenen Frau Reichskanzler, /
übergibt 2 Bd der <aus den | von> ihr übersetzten Betrachtungen von P. Gallwey. Zwei Söhne sind Jesuiten, zwei Töchter im Kloster, die beiden /
die dabei sind in der Laienkatechese und in der Laienseelsorge von Metternich tätig. In der Nähe von Freising ihr Gut. /
Schwester von † Ropal-Henneberg in Böhmen.

Mittag war ich in der Georgenstr., um das Haus einmal anzuschauen No.8, - in der /
Amalienstr im Tattersaal die unnötige Artill., überhaupt hier viel Militär.

Die Schwestern von Wartenberg schicken ein halbes Kitzel, ein Abkömmling von der Ziege die ich damals gesegnet hätte.

Schw. Willibrord: 1) Frl. Scheibenbogen sei da gewesen voller Sorge weil eine Arbeiterin in der „Fliegerwehr“? /
gehört wie Arbeiter sagte: Man könne den Schwarzen keinen größeren Schaden jetzt antun als den Erzbischof aus dem Weg schaffen.

2) Als es am 2. oder 3. Mai Nachm. mit der großen Domglocke für die Gefallenen leutete, ging wieder das Telef. an weil /
sie glauben der Erzbischof müsse tot sein. „Bitte wer ist dort am Telefon“? „Ach Schwester das ist ja ganz gleich, die Hauptsache ist daß er /
lebt.“ So geht es fort mit der Anfrage, und schriftlich und mündlich wird mir versichert, wie sehr man in Sorge gewesen sei als es hieß fünfhundert Geistliche seien erschossen.

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Am 28. Apr. war der Einfall in der Nunt., 5 Min. nachdem der Nunt. aus der Klinik /
zurückgekommen war. Ein K.deur der Südarmee, Sailer, und sein Adj. Bonartz (?) setzten dem Nunt. /
den Rev. auf die Brust, und so wurde 3 St. hin und her verhandelt. Der Stadtkomm. Eglhofer antw. auf wiederholten /
Anruf: Wenn das Auto nicht abgegeben wird dann wird die Nunt. bombard. und die ganze Bande verhaftet.

13. Mai 5h war ich auf der Nunt. 1) Dem Hr Nunt meine Teilnahme und meine Entrüstung auszusprechen /
für diese Verletzung des internat. Rechts und die Missachtung des Hl. Vaters Dabei erzählt er mir den Hergang. 2) Er habe zweimal /
ordine erhalten, in die Schweiz zu gehen. Vorher habe es immer geheißen si c'è pericolo - da sei er geblieben aber jetzt sei es Befehl. /
3) Ich bitte um Milderung der Friedensbedingungen beim Hl. Vater. Nuntius Pacelli zeigt mir mehrere Telegr. von /
einzelnen deutschen Bischöfen, hat schon zweimal tel., wird aber jetzt noch einmal telegr. Es sei freilich schwer weil die Entente behauptet der Papst sei deutschfreundlich /
gewesen und jetzt sei dagegen eine Réponse erschienen.

Capua: 8 Tage nach dem Einmarsch läßt die Haltung und Disziplin in der Truppe bereits nach. Was die /
Maschinengewehre der Rotgardisten nicht fertigbrachten, werden die Dirnen in diesem Sodoma fertig bringen: Das Straßenbild gegen Abend /
geradezu ekelhaft. Früh ½4 steigt ein Kavall. auf Patrouille, offenbar ein Offizier, vom Pferd und küßt die Straßendirne. Gleich den Soldaten /
Hannibals in Capua! Darum richten wir auf der Ordin. 2./3. Mai Militärseelsorge ein: P. /
Noppel
ist von Berlin gekommen, Stadler, Rup. Maier, Foohs, Schneider (Scherg /
ist als <Wilder> dabei), die <wahren> sollen bei Besuch in den Quartieren und beim Gottesdienst. Die Seelsorge während der Kämpfe hat sich bewährt.