Tagebucheintrag vom 17. April 1919Parallelansicht ⇨
Nachlass Faulhaber 10003, Seite 77

Text+KommentierungNur Text
Gründonnerstag, 17. April Nachts 1.00 Uhr eingeläutet durch „Siegesgeläut“ : Die Rote Garde habe die Weißen aus Dachau herausgeworfen und siebenhundert Weißgardisten entwaffnet. Redner verkünden das am anderen Tag auf der Straße. Da alles ruhig ist, findet die Feier im Dom statt, aber echt oberbayerisch, das heißt alles hat sich, obwohl vollständige Ruhe herrscht, nur auf die Weihe in der Sakristei eingerichtet und erst in letzter Stunde muß ich alles hinaustragen lassen. Stille Messe . Alles tot. Nicht einmal das O Redemptor wird gesungen.

14.00 Uhr beginnt auf einmal ein rasantes Revolver-Gewehr-Maschinengewehrschießen nach einem Flieger, der Zettel abwirft. Das Gleiche wiederholt sich abends 17.00 Uhr - Eine Sirene, leise Hornberger Schießerei.

Mette wie gewöhnlich. Frau Rechtsrat Häuserstein
Wohl verschrieben anstelle von Steinhäusser.
ist da: Sie habe in den Reden am Karlsplatz gehört: jetzt gehe es an die Bischöfe und Pfarrer, die sollten auch einmal spüren, wie der Hunger tut.

Dekan Göttsberger bringt Nachricht: es steht ernst um die Universität. Senat abgesetzt von Hochschulrat, Universität überhaupt geschlossen, die Dozenten fürs Sommersemester sollen vom Studentenrat erst neu berufen werden. Für die Theologische Fakultät wäre es wichtig, wenn die Studenten möglichst hier blieben, auch die Pfälzer.