Tagebucheintrag vom 14. April 1919Parallelansicht ⇨
Nachlass Faulhaber 10003, Seite 75

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Montag 14. April. Justintag, Bahnverkehr ganz eingestellt, über München die wildesten Gerüchte infolgedessen, Lokomotivführer vom Güterzug erzählen, in der Nacht sei der Bahnhof von Kommunisten besetzt worden. Ich bin sehr ruhig, es wird offenbar viel für mich gebetet: Von der einen Seite wird mir angeboten, in die Wyhs zu gehen, von der anderen Seite nach Kirchdorf. Die Nacht war also ruhig, bei einem Haftversuch wäre mit allen Glocken geläutet worden. Die Laudes-Antiphona betet heute: Framea, suscitare adversus eos qui dispergunt gregem meum und dazu der Introitus der heiligen Messe!!
Der den Psalm 35 (34),1-3 abwandelnde Introitus lautete am Montag der Karwoche: Judica Domine, nocentes me, expugna impugnantes me: apprehende arma et scutum, et exsurge in adjutorium meum, Domine, virtus salutis meae. Effunde frameam, et conclude adversus eos, qui persequuntur me: dic animae meae: Salus tua ego sum


Der 19.30-Uhr-Zug mit dem ich noch zur Beisetzung in Sankt Bonifaz hätte kommen können, fällt ganz aus, Verkehr überhaupt eingestellt. Der Sozialistenführer von hier, Zwack kommt nachmittags von München bleich und traurig und um 17.00 Uhr bringt die Freisinger Zeitung Nachricht, die Garnison München habe den Zentralrat abgesetzt und sich für die Regierung Hoffmann erklärt.

Ein herrlicher Sonnentag. Die ersten Blumen, der erste Vogelgesang, die ersten richtigen Gartenarbeiten und dazu von München her wie Kanonenschläge. Nachmittag mit Geistlichem Rat Schauer durch Weihenstephan, durch bis fast Hohenbachern-Bethlehem, rückwärts in Vötting die Kirche (organisierte Pfarrei) und Dekan besucht, der in der blauen Schürze im Garten arbeitet. Sein Garten sei seine eigentliche Einnahmequelle.