Tagebucheintrag vom 2. April 1919Parallelansicht ⇨
Nachlass Faulhaber 10003, Seite 70

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2. April. Seit drei Tagen Schneefall, einen Meter hoch in den Straßen, bei Straßenübergang verzweifelte Gesichter, von den 32000 Erwerbslosen haben sich nur Siebenhundert zur Arbeit gemeldet und da sie keine 25 M. bekommen, wird überhaupt nicht gearbeitet.

Zwei Studenten, Messner von Oberrealschule und Schönhütl von der Industrieschule, vom Studentenzirkel Ost: ihr Beirat Dr. Fischer habe ihnen ein Ultimatum gestellt, da komme das Oratorium in Frage, darin keine Selbstverwaltung. Ich dränge auf gemeinsame Richtlinien, natürlich eine Stelle, an die man appellieren, also einen Zentralausschuss.

Geheimrat Dr. Hohe, der sich über seinen Doktor und seine Doktor -Schrift „Gewissensfreiheit und bayerische Verfassung“ kindlich freut, leider von der Zeit jetzt überholt.

15.00 Uhr besuche ich Maria La Rosée: Emanuel krank im Bett, spielt mit seinen Büchern und dem großen Haus. Der Vater sei so ernst geworden und rede vom Sterben. „Er dürfe nicht. Nach München, habe ein Gut in Steiermark“.

19.30 Uhr im Vortrag der christlichen Kunst: Stiftsbibliothekar Fäh über Stiftskirche von Sankt Gallen: Eine Kunst, die nicht fürs Auge der Menschen, sondern für den Herrn in der Höhe arbeitet; erst haben die Kathedralen alle Plastiken verdrängt, später aber sie zu Hilfe gerufen. „Engelskathedrale“: weil er nur drei Tugenden und vier Freunde hatte, teilte er die Liebe. Denn die Kardinalstugend sei so schelmisch. Die Engel spielen mit Kuppeln, hauen einander mit dem Rosenkranz, Notker
Möglicherweise ist Notker Balbulus gemeint.
mit dem Prügel vor dem Schriftlichen „willst du noch eine“, dann die [ ... ] - erwähnt auch die deutschen Internierten dort und meinen Besuch in der Bibliothek.