Tagebucheintrag vom 27. Januar 1919Parallelansicht ⇨
Nachlass Faulhaber 10003, Seite 43-44

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27. Januar, 8.00 Uhr, fünf Firmlinge in der unteren Hauskapelle, darunter Mutter und Sohn, - Convertiten, Pullach, deren Patin Frau General Dietrich.

Professor Busch redet eine Stunde lang über seine Kunstabsicht und fragt dann am Schluß: Ob er vielleicht einmal kommen und darüber Vortrag halten dürfe! Das Geschäftliche sei Nebensache, das Religiöse müsse in den Vordergrund treten. Jetzt, wo die Kunstbestellung im Allgemeinen zurückgehen werde, werden sich viele wieder zur christlichen Kunst herandrängen. Er habe 25 Künstler durch Unterschrift gesammelt, die wirklich religiös seien. Nun sollten Vorträge gehalten werden – aber nur über das Religiöse, nicht über das Künstlerische, freilich von einem kunstgeschichtlich Gebildeten und poetisch gewandten Theologen. Er wisse noch niemanden. Als ich von Hartig und der Kongregation spreche: Er wisse bereits davon, glaube aber nicht, daß die Künstler dafür zu haben seien. Die seien begeistert gewesen über einen Vortrag über Taufsteine und dann ein Ausschreiben darüber, dann aber abgefallen, als Vortrag über Grabsteine und Ausschreiben. Er will mit den kirchlichen Stellen Fühlung haben – Ich erwidere, der Generalvicar ist ja bei Ihnen. Ich werde nicht klug, was er eigentlich wollte, ob Vortrag oder was. Ich wünsche ihm für seine Ziele schöne Erfolge.

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Baron Pfetten: Dankt für die schöne Feier von gestern. Ich war erfreut über die vielen Kommunikanten. Die Nachmittagsversammlung ging auch gut, obwohl allerlei Gegensätze. Ob Gleichberechtigung der Frauen? Er selber dagegen, er wird aber nicht aufhalten. Die Dame, die heiratet, wird, weil Namensänderung, ausscheiden und dann wieder eintreten können.

15.30 Uhr, Sankt Johann, Priesterkongregation. Der Gerechte lebt aus dem Glauben des zweiten Glaubensartikels. Menschwerdung und Dreifaltigkeit.

Ein Arbeiter Hutter schreibt: Er will mir einen Plan vortragen, den unglücklichen Kaiser zu retten. Was ihm bevorstehe, sei klar. Noch wäre es höchste Zeit.

[ ... ] 27.1.19
sp. Die Demonstration von der Garnison München, die für heute Nachmittag geplant war, kam nicht zur Ausführung. In einer vormittags abgehaltenen Sitzung der Kasernenräte war beschlossen worden, von einer Demonstration abzusehen, da sich der anwesende Kriegsminister Roßhaupter bereit erklärte, den größten Teil der Forderungen der Soldaten anzunehmen und die Frage der Entfernung mißliebiger Offiziere im Ministerrat zu behandeln.
Staatszeitung, 28.1.19
Le journal socialiste indépendant Freiheit convie les travailleurs à la grève générale. – Une dépêche de Munich aux Central News, et reproduite par les Daily News du 6 janvier, annonce que l’archevèque aurais été pendu avec une corde servant à sonner les cloches de la cathédrale. Le décret aurait été rendu par le nouveau groupe des [ ... ] spartaciens qui s'institule »Communistes«.
aufgehängt
Am 27. Januar abends 19.00 Uhr, aus der Staatszeitung die Verordnung: Religionsunterricht, Wahlfach. Noch am Abend Telegramm an alle Bischöfe und dann an Hirtenbrief gearbeitet über Herodesverordnung des Ministers Hoffmann.