Tagebucheintrag vom 18. November 1918Parallelansicht ⇨
Nachlass Faulhaber 10003, Seite 15-16

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Montag, 18. November.

Jetzt kommen die Programme, gestern von der Regierung, heute von der Bayerischen Volkspartei - Nun hat man sich vom Schreck erholt und beginnt wieder zu denken.

Dr. Naumann Pilatus: Er habe dem Auer erklärt, er bleibe Monarchist bis zum letzten Atemzug, arbeite aber jetzt an der Ordnung mit und später wieder anständige Gegner. Er habe es immer seinem Freund, dem deutschen Kronprinzen und auch Rupprecht gesagt, es wird so kommen. Der Klerus muß an der neuen Ordnung mitarbeiten und sozial geschult werden: Die Bücher von Walther, Schank, auch erst lesen.



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Heinrich Martini - in Civil, sehr ernst, meldet sich als Theologe. Will nach Innsbruck. Ja, aber dann dort bleiben, eventuell geweiht werden und dann noch ein halbes Jahr studieren.

Pater Rembert S.J. hat einen fertigen Aufruf zur Wahl
Es ist unklar, ob die Bayerische Landtagswahl oder die Wahl zur verfassungsgebenden Nationalversammlung gemeint ist. Erstere wurde allerdings erst am 5. Dezember endgültig terminiert, letztere Mitte Dezember
bereits. Der Klerus soll aufgeklärt werden - wegen schlechtem Verkehr mündlich nicht möglich, also durch Flugblätter. Besonders die Frauen aufklären und vorbereiten durch unsere Frauenorganisationen. Also in der Presse mitarbeiten und die Kassaunterstützung.

Drei Lehrerinnen vom Bezirksverein wollen für die Kirche arbeiten. Also für die Wahlen. Das ist notwendig und Pflicht nach vier Gesichtspunkten (Ordnung, Familie, Schule - [auch wenn ohne Religionsunterricht sprechen, vor der Wahl aber noch viele Schwächen ] - Kirche) - also mehr religiöse als politische Dinge. Ob aber nicht Stellung verlieren können? Das weiß ich nicht, verschließe mich aber nicht der Befürchtung, daß Kolleginnen und Kollegen denunzieren können. Dann indirekt durch unabhängige oder die Frauenblätter des [ ... ] verteilen. Sie wollen hier in der Stadt mitarbeiten, da ist es leichter, andere Kräfte zu finden, um Zettel zu verteilen. Sie wollen zu Eisner und um eine Stelle im Parlament ersuchen, darüber hätten sie mich nicht fragen sollen, darin sich nicht auf mich berufen.

Weihbischof von Augsburg, weil Bischof Maximilian so nervös ist: Ob die Antwort wegen Pfarreibesetzung noch nicht da sei. Nein. Die beiden waren spazieren, kamen in den Trubel hinein, und als er am anderen Tag den Soldatenrat nicht empfing, wurde geschimpft und dann erklärten sich schriftlich bereit, sie zu empfangen. Sie erklärten: und wenn der Klerus nichts dagegen tue, könnten sie für Sicherheit eintreten.

Bader telefonisch: Der Minister habe meine Vorschläge angenommen, die Verpflichtungsformel mit diesem Zusatz ... Nur sei man erstaunt, daß Eichstätt das veröffentlicht habe.

Nachmittag in Civil mit Tram nach Nymphenburg zu Ludwig Ferdinand wo Dr. Sanz. Er meint, alles zu einer Partei zusammennehmen. Dann bei Calabrien: von Herzog seit 5. November keine Nachricht - unheimlich! Sie selber mit den Kindern am 7. abends zu Fuß fort, nach Aubing, dort gut aufgenommmen ( Urraca mit Katzen gespielt) und anderentags mit der Bahn wieder herein: Da schimpften die Soldaten; Wenn wir den König kriegen, wird er umgebracht und die ganze Gesellschaft dazu, und die Pfaffen sind am Krieg schuld.

Birkenfeld schreibt an Vereinsfreund und Seelenführer: wir müssen fiat sprechen. Mit blutigen Füßen die erste Nacht angekommen. Anna Meier sei so gut gewesen. Ob wieder in die geliebte Künstlerstadt. So wie die heilige Elisabeth Sind alle Tagebücher verteilt? Vom Vermögen sei viel verloren. Respondeo: Schwere Tage: Offiziere zu mir; Drohung auf Hochverrat. Ich war auf alles gefaßt, machte mich fertig, verbrannte die Briefe. Nicht die Furcht vor der Armut, aber der Ekel vor soviel Meineid ...