Tagebucheintrag vom 5. Oktober 1917Parallelansicht ⇨
Nachlass Faulhaber 10001, Seite 52-53

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5. Oktober 1917.

Dr. Maximilian Pfeiffer, M.d.R., kommt natürlich von Berlin, reist zum König von Bulgarien und trifft in Konstantinopel den Kaiser. Der König von Bulgarien habe ihm die Union übertragen, er habe 100 000 M., hoffe viertel Million dem König zur Verfügung zu stellen, die Räte des Exarchen hätten 35000 M. gehabt und würden es auch von uns nehmen. Pater Coelestin mit seinem Habit sei nicht zu empfehlen. Der Kronprinz betrachte sich katholisch. Respondeo: Wenn uns nur die vielen Köche die bulgarische Suppe nicht versalzen. Mit geistigen Mitteln also Gymnasium und Seminar. Die Assumptionisten könnte man nicht mehr aus dem Land weisen, es würde zu viel über die Sache geredet. Ich höre aber, was für ein Ansehen der König habe. Er stellt mir einen jungen Herren vor, Edmund Neuner, der ihm ins Italienische übersetzt und ihm hilft.

Geoffroy, neuer Pfarrer Kolbermoor, bisher Kaplan Sankt Ludwig (rotgesichtiger, tüchtiger Seelsorger): Nachfolger Johann Schauer
Es könnte Johann von Kreuz Schauer oder Johann Baptist Schauer gemeint sein.
. Soll die männliche Jugend sammeln.

Frau Maria Weltz, war in Rom im Vatikan eingewurzelt, Chiesa hat ihr die päpstliche Auszeichnung verschafft, jetzt in Wiesbaden, ob sie nach München übersiedeln soll, wenn ich ihr Auftrag gebe für schriftstellerische Arbeiten - Frühwirth hätte ihr verschiedene Aufträge gegeben. Respondeo: Das Papier sehr rar, und von Manuskript zu Manuskript kann ich nicht empfehlen, das ist ein hartes Brot. Von der Nuntiatur hierher gekommen. Ab.

Generalmajor Heyl mit Hauptmann Sonntag in Sache der militärischen Jugenderziehung. Mein Standpunkt: Ich stehe auf dem Standpunkt, daß durch diese militärische Jugenderziehung für die männliche Jugend in den Flegeljahren viel Gutes geschehen kann, nicht bloß körperlich, sondern auch geistig, von der Gosse weggezogen und vom Alkohol, aber unter zwei Bedingungen: 1) Daß die bestehenden katholischen Jugendorganisationen nicht geschädigt werden, 2) Daß jeder Konflikt mit dem Gebot der Sonntagsruhe und der Schule (Religionsunterricht) vermieden wird. Das wiederhole ich drei Mal. So will er sich darauf berufen, nachdem er es wiederholt hat. Viele Pfarrer seien selbst Führer dabei, kamen zu seinen Besichtigungen, er besuche die Pfarrer. Wenn einmal die Verordnung des Ministeriums eingehalten, eine ganztägige Übung, dann Feldgottesdienst, aber immer vorher mit der kirchlichen Behörde vereinbart.

Geistlicher Rat Dr. Kellner
Möglicherweise gemeint: Johann Baptist Kellner.
: Über seine Gesundheit sei Irriges verbreitet. Hößlin hätte ihn falsch behandelt, aber ein anderer Arzt sei sein Retter gewesen und hätte ihn für gesund erklärt. Wenn er das Kanonikat nicht erhalte, dann muß er das über Hößlin offen aussprechen und am Hofe wird es auch sehr peinlich sein, wenn ein Prinzessinnenerzieher eine andere Stelle sich suchen muß. Respondeo: Ein Recht auf eine bestimmte Stelle hätte ein Prinzessinnenerzieher nicht und ich freue mich, wenn es mit seiner Gesundheit besser geht - Punktum.

Oberregierungsrat Walzer und Bildhauer Ueberwächter - in Sache des Vincenzvereins, nach Pfarreien gemeldet, 14-tägige Versammlung, hat Vermögen, außerhalb eine Holzsammlung, eine Zentralversammlung. Respondeo: Die akademische Jugend beiziehen, aber nicht allein gehen lassen (wechselt zu viel, sagt er).

Pater Theodor, Capuziner Nymphenburg, will meine Soldatensendungen übernehmen, erhält von mir 200 M., meint, daß mit dem dritten Orden für Presse und Landespropaganda viel zu machen wäre.

Geistlicher Rat Griessmayr vom Albertinum, früher Hollandeum, neunzig Zöglinge, ein Realschüler, gehen in die Augustinerkirche, guter Gesangschor, sehr viele Gefallene und Max Joseph.

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Nachmittag, 14.30 - 18.00 Uhr, Rundfahrt zu Bardenhewer, Liebigstraße - kurz gesprochen. Atzberger, Prälat, Königinstraße 33 - man hört rennen und laufen, wird aber nicht aufgemacht. Durch den Englischen Garten hindurch nach Bogenhausen, Sankt Georg: Pfarrer Schamper sehr freundlich und dankbar, und Kaplan Blumschein; in der alten Kirche, wo ein riesiger Sankt Georg auf dem Hochalter und schöne Sakristei (Pater Duhr vom Vincentinum), dann zur neuen Kirche hinauf gefahren, hinter der Schule: Auf dem Plan ein Ciboriumalter, für den der Georgsritt etwas stiftet. Flügelajdutant Graf Castell, Possartstraße, Karte abgegeben. Justizrat Rumpf: Er nicht zu Hause, die kleine blaße Frau sehr lebhaft vom Frauenbund gesprochen. Haidhausen: Pfarrer Prälat Widmann nicht zu Hause, holt Kinder (von Metten) drei Kapläne, zwei Pfarrschwestern, - die alte Kirche recht klein, die Empore schwach gestützt - zur neuen Kirche: Kurz, weil es schon dunkelt. Sankt Wolfgang: Päpstliche Fahne flattert und die Schuljugend versammelt, Pfarrer Ströbl durch das Pfarrhaus mit dunklem Gang, zweiter Gang zur Kirche. Kirche im Bau, wir gehen unter dem Gerüst, dann zur Notkirche - und daneben die Schwestern, natürlich mit Fähnchen und Gedicht, viele Schnitzer dabei.

18.00 - 19.00 Uhr Buchberger, wegen Reise an die Front.