Tagebucheintrag vom 17. Juni 1945Parallelansicht ⇨
Nachlass Faulhaber 09265, Seite 87-88

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Sonntag, 17.6.45, 7.00 Uhr, sehr müde bei Gewitterstimmung am Zimmeraltar celebriert. Paffenholz, Werkmeister der Glaser Innung, von Berenbold uns zugewiesen, hat sehr schön am Hause gearbeitet und geholfen. Ob er Glas in Altötting holen wolle? Ist bereits vergeben. Aber wichtig wäre das.

Neuhäusler nach viereinhalb Jahren aus Dachau zurück. Bringt elf Mitgefangene, unter den 150 Prominenten mit. Darunter etwa acht Stauffenberg und außer ihnen Thysssen Amélie, Heberlein Margot, Spanierin, Gräfin Plettenberg Gisela wußte viel.

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Wir sprechen lange, was zu tun sei. Komme von Capri Neapel, im Flugzeug über Paris, Frankfurt, - zuletzt einige getrennt. Wohne in der Gynäkologie. Ausgemacht: Heute Nachmittag fahren wir nach Dachau, um nach fünf dort Zurückgebliebenen zu fragen. Neuhäusler und Maria von Stauffenberg. An der Wegekreuzung übersehen wir das Halt, die Wache gibt kein Zeichen, schiesst uns nach, ein Wagen fährt nach, holt uns zurück: lange Hin und Her, bis einer sagt: a priest und ich meinen Paß zeige. Im Lager selber führt Colonel Paul A. Roy mit seinem Wagen zuerst in die Reviere: Sehr viele Polen, lange krank, bereits vom Tode gezeichnet, die meisten liegen im Bett, dazu aber auch Deutsche, in Block 26, wo die Kapelle war und die Geistlichen, sind deutsche Kriegsgefangene, in langen Straßen die Russen singen, weil sie morgen früh abtransportiert werden, - in den Zellen, wo unsere vier waren, Kapelle jetzt Küche. Dabei die Marterzelle, vier in den Ecken: Drei Tage nichts zu essen, dann die Gefangenenkost, nur zum Stehen ... Zuletzt bei den circa sechs Crematoriums-Öfen, links daneben der dunkle Vergasungsraum, außen stand Badeanstalt, je fünf ein Handtuch, - zuerst kam Warmwasser ... In die Öfen je 22, auch in die Särge, im letzten Raum liegen die Leichen, bis hoch hinauf Blutspur, vor den Öfen zum Hängen. Draußen der Raum für die Knienden der Genickschuß. Auf dem Rückweg zweimal Pannen. Daheim noch viel zu unterzeichnen für alle.