Tagebucheintrag vom 3. Mai 1945Parallelansicht ⇨
Nachlass Faulhaber 09265, Seite 54

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Donnerstag, 3.5.45. Die Nächte immer noch kalt, die armen Obdachlosen und Auswanderer.

Von Kienitz: In Harlaching, Zeugmeisterei, wurde acht Tage lang ausgeteilt, zuerst den Parteigenossen, dann allen Leuten (Schuhe, Kleider...), freilich auch geplündert, auch bei Baronin Meyern. Sie hatte ihren Schmuck vergessen. Jetzt eine Division draußen, sehr freundlich.

Amerikanischer Priest Captain Steffens, Priester in einem Seminar, Vater in Aachen geboren, eine Schwester im Kloster Kinde Jesus, verzückt. War in Tunesien, Neapel bei Cardinal Ascalesi. War in Eichstätt bei Nuntius, zwei Tage, dort das Russenlager aufgelassen und strömte alles in die Stadt zum Plündern. Wenn solche Gefahr, dann die Wertsachen der Kirche in einen Raum zusammentun, etwa eine Kapelle, abschließen, in fünf Sprachen anschlagen, eventuell einen Posten aufstellen. Respondeo: Wir haben gegen die Bomben schon längst unsere Wertsachen verräumt. „Die ersten Tage natürlich Plünderungen". Er ist nicht hier, er wollte mich besuchen. Ob viele Generalabsolutionen? Wir haben nicht Priester genug. Am letzten Tag ... Dann ruft er den evangelischen Chaplain und einen Theologen herauf, lobt ihn, daß er für die katholische Seelsorge viel tue - ganz kurz. Steffens scheint die Bindung zwischen Seelsorge und

Reverend Dougherty, Militärkaplan C. M., und Reverend Pollak P.P.S., beide aus Orden - haben nichts besonderes, wollen nur begrüßen. Dougherty, nicht verwandt
Gemeint ist das Nichtbestehen einer Verwandtschaft zu Kardinal Denis Joseph Dougherty.
, beide Hände in der Hosentasche, müssen jeden Monat Bericht geben. Jedes Regiment einen chaplain, eine Division zehn protestantische und fünf katholische, obwohl nur ein Viertel Katholiken sind. Sind rein religiös, Messe und Sakramente, auch Generalabsolution. Wollen aber individuell.

Curt Ries - privat. Eine Arbeitskommission einsetzen, siehe besonderes. Gesammelte Predigten sofort herausgeben und auch bald predigen.

Dompfarrer zeigt mir das erste Soldatengeld, 50 M. wie ein Dollarschein, muß angenommen werden.

An meiner Haustüre Anschlag vom Oberkommando: Zutritt verboten - Ist gegen die Plünderer.

Spät abends Pies, der einen Fahrpaß hat, kommt von Dachau: Dort noch fünfzig Geistliche unter 32 000 Häftlingen. Unter den Fünfzig noch Leisner und Carls, der letztere besser. Gestern war die Kommission draußen. Fünfzig Güterwagen mit männlichen Leichen von Buchenwald, die Wagen mit Frauen und Kindern weggebracht. Aber auch vier SS mit eingeschlagenen Schädeln. S. auch unter den Sträflingen in Sträflingskleidung. Nach Innsbruck wurden nicht 20 000 sondern 5 000 in Marsch gesetzt - wie viele davon gerettet haben, unsicher. Es war Befehl gegeben worden, es dürfe kein Häftling lebendig in die Hände der Amerikaner fallen.