Alarich Seidler⇦ Einzelansicht
Gesprächsprotokoll, 16. Februar 1934

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„Landesführer“ Seidler, zwei Stunden, 16.2.34. 16.15 - 18.15 Uhr.

Quittung über 700 M - mein schriftliches Honorar für die Predigten - wollte ich nicht bei mir behalten - schriftlich, daß er persönlich verwenden darf.

Glückwunsch für großes Winterhilfswerk - er: Ist nicht groß, ganz verfehlt. Er will den Wohlfahrtsstaat zum Arbeitsstaat machen. Also nicht Almosen, sondern Korbmacherdörfer beschäftigen und Körbe als Kinderbetten den Armen schenken. In einem schweren Kampf mit Hilgenfeldt: „Entweder geht er, oder ich“. Es gibt keinen Landesführer mehr. Die Wanderfürsorge fürs ganze Reich. Hilgenfeldt versteht ihn nicht.

Menschen wie Schemm und Esser, zum Teil auch Siebert sind Null. Dieser enge Gesichtskreis - ich : Bei ihnen nicht Rede, sondern Tat. Meine Predigten: Wenn Reventlow schreibt: Das ist der größte Feind des Nationalsozialismus. Aufforderung zum Mord. In der Predigt kein Wort davon, im Gegenteil, in den vorausgehenden Predigten für das Dritte Reich gesprochen. Zuschrift aus Mainz, ein Lehrer spricht von meiner Provocation, übernommen aus der Zeitung in Ludwigshafen. Er: Diese Zeitungsartikel dürfen Sie nicht so tragisch nehmen. Kein Mensch gibt etwas darauf. Ihre Predigt wurde von 20% verstanden, die anderen hören daraus eine Stellung gegen die Bewegung. Ich lasse das nicht gelten, weil immer wieder gesagt: Nicht von den heutigen Juden. Er spricht lange gegen die Juden von heute, die haben die Völker beherrscht, als Handelsjuden - ich : Die größte Macht als Böses, die über Krieg und Frieden entscheidet. Ich: Was ist politisch und was ist sittlich? Was Gegenstand eines Staatsgesetzes ist? Viertes Gebot? Es kann etwas eine politische und eine sittliche Seite haben.

Sterilisierungsgesetz: Ein grünes Heft in Altötting: Kinder werden nicht für die Erde, sondern für den Himmel geboren, Papen habe auf den Tisch geschlagen. Ich kenne die Hefte nicht. Sterilisierung wirkt sich für die Erbgesunden aus, Beispiel in Regensburg - dem Fall wollte er nachgehen, - meine Aussprache mit Muckermann. Die Vererbung wäre möglich. Aber später noch viel größere Fürsorgelasten machen. Er: Gesetzt den Fall, ich wäre krank, darf ich Kinder haben - wenn einer nicht persönliche Selbstbeherrschung hat, dann nachhelfen, auch von Seiten des Staates. Die Marxisten waren früher gegen Beraubung der Freiheit, aber heute? Er: Mein Gewissen, die Kirche in mir, sagt mir ... Kirche und Staat sind einig: Solche Nachkommenheit fern halten - aber wie? Durch sittliche Enthaltsamkeit? Durch Vererbung, durch das letzte Mittel. Es war ihm fremd, daß Bestrahlung die gleiche Wirkung hatte. „Die Kirche habe Erfahrung durch Coelibat“ - Hier nicht äußere Eingriffe, sondern sittliche Willenskraft.

Gemeinschaft Katholischer Deutscher: Er war wohl von Thun angegangen worden, hier mitzuarbeiten. Hält das für unmöglich, ohne Zukunft, es gäbe nur eines: reiner Nationalsozialismus. Er habe das auch Papen erklärt.

Hält einen langen Vortrag über Nationalsozialismus: Wolle nur Sauberkeit und Nächstenliebe. Könne sich also mit der Kirche finden. Das Concordat soll neu überarbeitet werden, war zu schnell gearbeitet. Jetzt mehr mit Bekenntnis für den Nationalsozialismus. Ich: Concordat sind juristische Akten, also kurz und bestimmt, ohne subjektive Zusätze.

Ich: Christentum sollte die Grundlage sein. Er: Der Führer hat da zu wenig Zustimmung gefunden. Ich: Die nordisch-germanische Bewegung ist christuslos, wir können doch dazu nicht schweigen. Er: Das hat keine Bedeutung.

Der Klerus politisch: Die alte Behauptung. Alle Geistlichen so erzogen. Ich: Früher haben in Sankt Cajetan auch die Professoren erklärt, sie seien nicht beim Zentrum, damals Liberal. Ich erzähle wieder lange, wie Eisner glaubte, der König sei bei mir, wie dann erschoßen, 1922 „Meineid und Hochverrat - ich stand allein. Die jungen Herren sehr unpolitisch, im Seminar sonst aber nicht politisch. Das will er nicht glauben. „Eine Vielzahl von Geistlichen gegen die neue Regierung“. - Vielzahl können Sie nicht sagen.

Zum Schluß: Ob Heydrich nicht einmal zu mir kommen könne? Ich würde gerne mit Himmler sprechen und mit Heydrich. Wäre auch bereit dorthin zu gehen. Heute nicht mehr Hand geküßt,

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beim Abschied an der Türe Deutscher Gruß. Ich habe Bedenken, ob seine fünfzig Bauernhöfe in der Wanderfürsorge moralisch durchhalten? Dieses Wiederfortwandern ist sehr gefährlich für Triebmenschen. Er meint aber noch etwas anderes: Überhaupt solche Stationen errichten für Kranke - eine Art weltliches Kloster. - Unmöglich.

Ob ich Reichl kenne, einen Herren, der hier zum Hofe Beziehungen habe und viele Gerüchte verbreite - unbekannt.

Er: Ich hätte diese Predigt nicht gehalten, ich: Ich habe es für notwendig gehalten, diese Predigt zu halten und würde sie noch einmal halten. Ich: Wie kann Reventlow sagen, ich hätte gesagt, daß Juden das genialste Volk der Weltgeschichte. Erwähne wiederholt, daß ich an Frick und Siebert geschrieben: Freiheit der Verkündigung von Glaubens- und Sittenlehre.

Fuß übereinanderschlagen, weil am Knie Schmerzen, Splitter darin. Viel Leiden.

Die Kirche hat die Ehen mit Juden verboten, der Staat nicht, - er selber hält Japan für die einzige rassenechte Nation.

Abt Schachleiter sei hier gewesen, er habe aber wirklich keine Zeit für ihn gehabt.
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Digitalisat Faulhaber-Edition