Hans Schemm⇦ Einzelansicht
Gesprächsprotokoll, 4. und 6. Mai 1933

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Staatsminister Schemm

Donnerstag, 4. Mai 1933, 12.00-12.45 Uhr
. Wollen uns über einige Probleme unterhalten. Nach meinen Kundgebungen wohl alle Befürchtungen verschwunden (ich lasse ihn ausreden). Er denke nicht daran, an das Eigenleben der katholischen Vereine zu rühren. Er halte die beiden Confessionen für etwas gottgewolltes, schicksalsgegeben, und gegen diese darf nichts geschehen. Dagegen müsse er eine Forderung stellen: Der Imperativ der Freiheit, ich möchte sagen begeisterte Vaterlandsliebe. Ich bitte, das als das Wesentliche zu betrachten, im Sinne unseres Führers und aus meinem Gewissen heraus (erst später hat er den Wehrwillen angefügt). Er bittet nun, wenn irgendeine Befürchtung, es ihm vorzulegen, er wäre dafür dankbar. Es gibt einmal etwas mit einem Lehrer [ ... ], mit einem Pfarrer, aber das ist nebensächlich, denn Herr Kardinal wird gewiss großzügig sein. Kommt kurz auf Vaterunser und Vaterland.

Respondeo: Ich danke für Bekanntmachung vom 28. März, so klar und bestimmt, nicht Bürostil (Schulgebete) , für seine Reden vor den Lehrern im gleichen Sinne, für Aufheben der Ernsten Bibelforscher, die eine Dollarconjunktur waren und viel durcheinander brachten. Unsere Eingaben etwas viel in diesen Tagen, das wird später ruhig werden. Die Reformation des 16. Jahrhunderts war für mich ein Unglück, weil eine Spaltung, aber aus dem Glauben betrachtet von der Vorsehung zugelassen, also müssen diese beiden Bekenntnisse nebeneinander, und mehr noch, miteinander leben. Unsere Jugendvereine gerade gegen Marxismus und Liberalismus gegründet, gewiss Vaterlandsliebe aus der religiösen Überzeugung heraus. Er (offenbar Nachlassen seiner Gedanken): Am Meisten habe ihm Langbehn gegeben, diese kräftige Sprache (hat jetzt ein Denkmal, Bischof Keppler hat ihm Vorwort geschrieben).

Ich: Etwas viel kulturpolitisch, während das Volk sozialpolitisch erwartet. Er: Das ist die Grundlage: Wenn einmal das Volk geistig gehoben ist, einen großen Staatswillen hat, dann das Soziale von selber. Ich: Ich will hoffen, daß es alles aufrichtig ist, auch denen, die 1918 dabei waren. Er lächelt: Ich weiß, was Sie meinen. Aber das sind nicht die wesentlichen Menschen, und wenn auch am Anfang unsicher, aber sie werden doch vom Geist der Zeit erfasst.

Bekenntnisschule: Selbstverständlich, eine Pflicht des Gewissens. Aber - immer ein Aber dabei: Auf dem Tisch zwei Kreise: Hier natürlich rein katholisch, dort rein evangelisch Aber, da wo sie zusammenstoßen - unklar, was er damit meint.

Im Laufe des Gesprächs wird er unbefangener. Er könne nur bei Nacht arbeiten, bei Tag lauter Besuche. Komme nicht dazu, ein Buch zu lesen. Ich hätte verschiedene Eingaben gemacht - es fällt ihm nicht gleich ein, bis ich sage: Lehrerverein und Lehrerbund - dann darüber wegsehend: Ob Übermorgen Gegenbesuch. Zuerst: Wollen wir das nicht lassen.

Ich frage: Ob wirklich bei den akademischen Prüfungen die politische Gesinnung und nicht das Wissen im Fach Ausschlag geben will beim Juristen. Daran habe er nicht gedacht gehabt, aber für die Bildung der Lehrer (heute Morgen Seminar bei ihm) und Mittelschule. Gestern in Hof ein Oberrealschüler: Was habt ihr gemacht in der Schule. Acht Seiten abgehört und dann acht Seiten weiter aufgegeben.

Ich: Am Schluß des Semesters aufgearbeitet. In Strassburg in der Prüfungskommission, Zulassung der Frauen, bei den ersten Prüfungen gut abgeschnitten, die Herren weniger. Unglücklich gut die Ordensfrauen, die keine Ablehnung hatten - Darauf geht er nicht ein.

➥ Seite 33

Ich: Unmöglich, lange in diesem Tempo zu arbeiten. Ich: Sie möchten nicht auf Trümmer bauen. Durch Zerstörung unserer Vereine. Er: Er sei kein Freund von Ruckarbeit und Sofortprogramm, sondern wachsen lassen.

Früher soll er immer gesagt haben: "Die schwarze Brut", Dank für [ ... ]

Gegenbesuch Samstag, 6. Mai 33, 10.00-10.20 Uhr.

1) Er beginnt mit den Künstlern. In diesem Zimmer hätte es beinahe Blut gegeben. Der eine wie der andere beteuert, er sei völkisch bis zum Scheitel und danach schimpft einer den anderen Bolschewist. Hier soll eine Ausstellung sein, auf zwei Orte geteilt ohne Rangunterschied. Er denke an eine Ausstellung in Rom, die alten Meister aus der Pinakothek vielfach Italiener. Respondeo: Der Gedanke sehr gut, aber die Beziehungen mit Italien erwärmen, in den Ausstellungshallen in der Vittorio Emanuele Straße, wo die Faschismus -Ausstellung war, Ritter oder Bergen werden gewiß vorfühlen, - ob nicht auch einige Neuzeitliche? Damit unsere lebenden Künstler Beziehung bekommen? Dagegen hat er Bedenken. Die Ausstellung in Florenz im vorigen Jahr sei abgelehnt worden, weil zu modern. Respondeo: Das ist wahr, in Italien versteht man das nicht, die großen Meister der Vergangenheit dort beherrschen zu stark an sich die Meister der Neuzeit. Meine letzte Unterredung mit Goldenberger. Das Denkmal vor Technischer Hochschule: Ist nicht deutsch, und wir hätten doch viel Technik. Kopie aus Pompeji, dazu die erzieherischen Bedenken. Darauf geht er nicht ein, sagt nur: Wir hätten doch deutsche Motive für Technik gehabt. Dank für Bogenhausen: Seit vier Jahren verhandelt. Man soll den Arbeitslosen Arbeit geben und jetzt hat Fiehler Einspruch erhoben. Wir können nicht lauter Dome bauen, wir müssen einfach bauen, nehme für Wettbewerbe nur stellenlose Künstler, nicht fest besoldete Professoren - - Da stimmt er zu. Er habe einen Professor Dahn beauftragt.

2) Gottesdienst für die Jugend am Sonn - und Feiertag vor den Geländeübungen oder wenigstens dazu. Das nimmt er freudig auf. „Er danke für diese wertvolle Anregung und sei für solche Anregungen immer dankbar“. Notiert sich. Bittet aber um eine schriftliche Darstellung und ich sage dazu: Die Stunde des Gottesdienstes.

3) Professur Freising: Dr. Walz - macht ernst, tut Muth weh, und wir haben eine gute Kraft dort in Engehard
Gemeint: Georg Englhardt
, einem Schüler von Grabmann. Unsere größte Autorität in Dogmatik. Er bemerkt, Walz sei hier gewesen.

Wieder zitiert er seinen Kirchenvater Langbehn. Er muß heute noch nach Nürnberg. Ein Telefongespräch mit einem Schulleiter , „Es läute schon.“ Einmal geht die Türe auf und ein Lakai kommt herein. Im Vorzimmer eine Reihe von Besuchen, die mich wenig freundlich anschauen; er selber bleibt in der Mitte seines Zimmers stehen und begleitet nicht bis zur Türe. Später sagte er einer Abordnung (M. Clotilde
Möglicherweise gemeint: M. Clotilde Gentner.
): Es sei ihm ein Zentner vom Herz gefallen, daß ich ihn mit soviel Verständnis aufgenommen hätte.
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Staatsminister Schemm

Donnerstag, 4. Mai 1933, 12.00-12.45 Uhr
. Wollen uns über einige Probleme unterhalten. Nach meinen Kundgebungen wohl alle Befürchtungen verschwunden (ich lasse ihn ausreden). Er denke nicht daran, an das Eigenleben der katholischen Vereine zu rühren. Er halte die beiden Confessionen für etwas gottgewolltes, schicksalsgegeben, und gegen diese darf nichts geschehen. Dagegen müsse er eine Forderung stellen: Der Imperativ der Freiheit, ich möchte sagen begeisterte Vaterlandsliebe. Ich bitte, das als das Wesentliche zu betrachten, im Sinne unseres Führers und aus meinem Gewissen heraus (erst später hat er den Wehrwillen angefügt). Er bittet nun, wenn irgendeine Befürchtung, es ihm vorzulegen, er wäre dafür dankbar. Es gibt einmal etwas mit einem Lehrer [ ... ], mit einem Pfarrer, aber das ist nebensächlich, denn Herr Kardinal wird gewiss großzügig sein. Kommt kurz auf Vaterunser und Vaterland.

Respondeo: Ich danke für Bekanntmachung vom 28. März, so klar und bestimmt, nicht Bürostil (Schulgebete) , für seine Reden vor den Lehrern im gleichen Sinne, für Aufheben der Ernsten Bibelforscher, die eine Dollarconjunktur waren und viel durcheinander brachten. Unsere Eingaben etwas viel in diesen Tagen, das wird später ruhig werden. Die Reformation des 16. Jahrhunderts war für mich ein Unglück, weil eine Spaltung, aber aus dem Glauben betrachtet von der Vorsehung zugelassen, also müssen diese beiden Bekenntnisse nebeneinander, und mehr noch, miteinander leben. Unsere Jugendvereine gerade gegen Marxismus und Liberalismus gegründet, gewiss Vaterlandsliebe aus der religiösen Überzeugung heraus. Er (offenbar Nachlassen seiner Gedanken): Am Meisten habe ihm Langbehn gegeben, diese kräftige Sprache (hat jetzt ein Denkmal, Bischof Keppler hat ihm Vorwort geschrieben).

Ich: Etwas viel kulturpolitisch, während das Volk sozialpolitisch erwartet. Er: Das ist die Grundlage: Wenn einmal das Volk geistig gehoben ist, einen großen Staatswillen hat, dann das Soziale von selber. Ich: Ich will hoffen, daß es alles aufrichtig ist, auch denen, die 1918 dabei waren. Er lächelt: Ich weiß, was Sie meinen. Aber das sind nicht die wesentlichen Menschen, und wenn auch am Anfang unsicher, aber sie werden doch vom Geist der Zeit erfasst.

Bekenntnisschule: Selbstverständlich, eine Pflicht des Gewissens. Aber - immer ein Aber dabei: Auf dem Tisch zwei Kreise: Hier natürlich rein katholisch, dort rein evangelisch Aber, da wo sie zusammenstoßen - unklar, was er damit meint.

Im Laufe des Gesprächs wird er unbefangener. Er könne nur bei Nacht arbeiten, bei Tag lauter Besuche. Komme nicht dazu, ein Buch zu lesen. Ich hätte verschiedene Eingaben gemacht - es fällt ihm nicht gleich ein, bis ich sage: Lehrerverein und Lehrerbund - dann darüber wegsehend: Ob Übermorgen Gegenbesuch. Zuerst: Wollen wir das nicht lassen.

Ich frage: Ob wirklich bei den akademischen Prüfungen die politische Gesinnung und nicht das Wissen im Fach Ausschlag geben will beim Juristen. Daran habe er nicht gedacht gehabt, aber für die Bildung der Lehrer (heute Morgen Seminar bei ihm) und Mittelschule. Gestern in Hof ein Oberrealschüler: Was habt ihr gemacht in der Schule. Acht Seiten abgehört und dann acht Seiten weiter aufgegeben.

Ich: Am Schluß des Semesters aufgearbeitet. In Strassburg in der Prüfungskommission, Zulassung der Frauen, bei den ersten Prüfungen gut abgeschnitten, die Herren weniger. Unglücklich gut die Ordensfrauen, die keine Ablehnung hatten - Darauf geht er nicht ein.

➥ Seite 33

Ich: Unmöglich, lange in diesem Tempo zu arbeiten. Ich: Sie möchten nicht auf Trümmer bauen. Durch Zerstörung unserer Vereine. Er: Er sei kein Freund von Ruckarbeit und Sofortprogramm, sondern wachsen lassen.

Früher soll er immer gesagt haben: "Die schwarze Brut", Dank für [ ... ]

Gegenbesuch Samstag, 6. Mai 33, 10.00-10.20 Uhr.

1) Er beginnt mit den Künstlern. In diesem Zimmer hätte es beinahe Blut gegeben. Der eine wie der andere beteuert, er sei völkisch bis zum Scheitel und danach schimpft einer den anderen Bolschewist. Hier soll eine Ausstellung sein, auf zwei Orte geteilt ohne Rangunterschied. Er denke an eine Ausstellung in Rom, die alten Meister aus der Pinakothek vielfach Italiener. Respondeo: Der Gedanke sehr gut, aber die Beziehungen mit Italien erwärmen, in den Ausstellungshallen in der Vittorio Emanuele Straße, wo die Faschismus -Ausstellung war, Ritter oder Bergen werden gewiß vorfühlen, - ob nicht auch einige Neuzeitliche? Damit unsere lebenden Künstler Beziehung bekommen? Dagegen hat er Bedenken. Die Ausstellung in Florenz im vorigen Jahr sei abgelehnt worden, weil zu modern. Respondeo: Das ist wahr, in Italien versteht man das nicht, die großen Meister der Vergangenheit dort beherrschen zu stark an sich die Meister der Neuzeit. Meine letzte Unterredung mit Goldenberger. Das Denkmal vor Technischer Hochschule: Ist nicht deutsch, und wir hätten doch viel Technik. Kopie aus Pompeji, dazu die erzieherischen Bedenken. Darauf geht er nicht ein, sagt nur: Wir hätten doch deutsche Motive für Technik gehabt. Dank für Bogenhausen: Seit vier Jahren verhandelt. Man soll den Arbeitslosen Arbeit geben und jetzt hat Fiehler Einspruch erhoben. Wir können nicht lauter Dome bauen, wir müssen einfach bauen, nehme für Wettbewerbe nur stellenlose Künstler, nicht fest besoldete Professoren - - Da stimmt er zu. Er habe einen Professor Dahn beauftragt.

2) Gottesdienst für die Jugend am Sonn - und Feiertag vor den Geländeübungen oder wenigstens dazu. Das nimmt er freudig auf. „Er danke für diese wertvolle Anregung und sei für solche Anregungen immer dankbar“. Notiert sich. Bittet aber um eine schriftliche Darstellung und ich sage dazu: Die Stunde des Gottesdienstes.

3) Professur Freising: Dr. Walz - macht ernst, tut Muth weh, und wir haben eine gute Kraft dort in Engehard
Gemeint: Georg Englhardt
, einem Schüler von Grabmann. Unsere größte Autorität in Dogmatik. Er bemerkt, Walz sei hier gewesen.

Wieder zitiert er seinen Kirchenvater Langbehn. Er muß heute noch nach Nürnberg. Ein Telefongespräch mit einem Schulleiter , „Es läute schon.“ Einmal geht die Türe auf und ein Lakai kommt herein. Im Vorzimmer eine Reihe von Besuchen, die mich wenig freundlich anschauen; er selber bleibt in der Mitte seines Zimmers stehen und begleitet nicht bis zur Türe. Später sagte er einer Abordnung (M. Clotilde
Möglicherweise gemeint: M. Clotilde Gentner.
): Es sei ihm ein Zentner vom Herz gefallen, daß ich ihn mit soviel Verständnis aufgenommen hätte.