Tagebucheintrag vom 11. November 1933⇦ Einzelansicht
Nachlass Faulhaber 10015, Seite 106-107

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Samstag, 11. November. Ein heißer Tag. 9.45 Uhr Vigil und Seelenamt für Uttendorfer im Dom.

11.00 - 12.00 Uhr beim Zahnarzt.

12.00 Uhr Maria Berrsché – Sehr gedrückt über die Lage im allgemeinen und Sorgen zu Hause. Ganz traurig als Sekretär mit einer Unterschrift kam. Nachträglich Namenstag: Notizblock.

Monsignore Ludwig Mission
Vermutlich ist hier der Präsident des Ludwig-Missionsvereins Monsignore Johannes Neuhäusler gemeint.
: Von Paul Ambos bestimmt erfahren, das Rheinland habe Auftrag gegeben, Material für einen Kulturkampf zu sammeln. Man müsse mit einer Haussuchung bei den Bischöfen rechnen. Übergibt Theaterstück über Gustav Wasa
Vermutlich gemeint: Gustav II. Adolf von Schweden oder Gustav I. von Schweden
mit schweren Ausfällen.

Schrallhammer und Kendler: Ein Triduum für die Jugend, ich selber? Wir stehen vor einem Kulturkampf, kein Mensch weiß, ob ich bei der dortigen Sitzung am 10. Dezember nicht zu ihnen sprechen muß. Ob überhaupt noch Vereine bestehen. Also für die Jugend im Allgemeinen. Einstweilen zugesagt, wenn nicht neue Lage. Pater Neudorfer schreibt: Aus sicherer Quelle, daß die Korrespondenz unter staatlicher Aufsicht steht und geöffnet wird.

Professor Walz, Freising - Bittet um das Nihil obstat für seine Ernennung. Von Weihbischof höre ich, Dr. Englhardt wurde von Grabmann besser qualifiziert als Walz. Nach dem bayerischen Konkordat muß der Minister bei mir anfragen, ob eine Erinnerung besteht.

Nuntius 13.00 - 14.00 Uhr, sehr erregt. Paul Stengel sei wegen des Wahlaufrufes bei ihm gewesen, die Regierung erhebe Einspruch gegen einen Satz – und deshalb komme, obwohl er jetzt beim französischen Gesandten zu Tisch sein sollte. Lange Auseinandersetzung, siehe Rundschreiben an die Bischöfe.

Fünf Minuten zum Essen und Umkleidung.

15.00 Uhr Beerdigung von Prälat Uttendorfer auf dem Waldfriedhof. Domdekan nimmt die Beerdigung vor. Außer Ottonia spricht niemand. Heimwärts Pater Bertrand, Pater Aribert mitgenommen. Fahnen über allen Straßen.

16.30 Uhr Fräulein Ertl in Hohenaschau beim Arbeitsdienst. Wurde verleumdet, weil Dr. Röck von dort das Essen erhielt, „Religionsunterricht“ gebe, statt zu sagen Kirchengeschichte, verleumdet von einer Spionin, die aber nur Gutes berichtet, die Leitung wechsle fortwährend. Sei selber wieder in den Schuldienst, ob sie ihre Familie verlassen und mit der Kollegin wohnen dürfe – Nein. Will Anstellung – Unmöglich. Von Schramm nichts mehr gehört – ist ihr 130 M. schuldig.

Nuntius siehe Rundschreiben; Am Schluß kommt Generalvicar dazu. „Concordatsbruch“ – er wollte zuerst nicht hören.

Generalvicar und später Neuhäusler: Aufruf der Bischöfe verboten.

Richtig erscheint trotz meines Einspruchs abends 22.10 Uhr im Radio der erste Abschnitt des Aufrufs, durch Polizeifunk werden die Bezirksbehörden angewiesen, die Verlesung des Aufrufs auf den Kanzeln zu verbieten, also selber veröffentlichen ein Stück, das irreführt und dabei die Veröffentlichung verboten. Am Abend bis 23.30 Uhr Rundbrief an die Bischöfe zur Aufklärung diktiert.

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Digitalisat Faulhaber-Edition