Tagebucheintrag vom 20. Januar 1919⇦ Einzelansicht
Nachlass Faulhaber 10003, Seite 41

20. Jan. Baronin Castell Vorsteherin von Max Josefstift.: Komm.feier und Firmung /
vorerst auf 30. März vereinbart. Wegen eines Religionslehrers still abwarten bis der Weggang des jetzigen öffentlich bekannt ist, dann zum Gen. Vik /
und nicht zu viele Priesteranmeldungen entgegennehmen.

Marie Buczkowska nach fleißiger Wahltätigkeit dafür danken. Will nach Dortmund /
zum Frauenbund der natürlich schwer versteht warum ein Bayer. Frauenland (ich frage ob vorausgehende Verhandlungen stattgefunden hätten) – wegen eines Briefs von Berlin /
(Weltmann wolle aus der S.R austreten – davon bin ich überrascht.

Baron v. Brück, Major: Mit Landsturm bis zuletzt wo sie Stunde für Stunde auf Waffenstillstand /
warteten unter schwerstem Feuer eingesetzt. Eine große Wühlarbeit vom Nachschub aus hat alles Laufen gemacht. Das System Ludend. hat diese Braven in den Tod geschickt. /
Der Kronprinz geflüchtet nach Holland, von dort mit Hirschberg ohne Truppe zurück und weil er jetzt nicht verzichtet keine Pension. Dem Prinz Franz /
sei die Pension vom König verboten worden. Preußische Soldaten hätten gehaust und geplündert, Helme weggeworfen und mit Zylinder marschiert, Pferde um eine Flasche Schnaps verkauft, – die geschiedene Frau /
in Lochau, bekommt von ihm 200 M Sohn in Ettal, Tochter in Dresden, er selber wird wieder zur Versicherung gehen, hat immer kein Geld – /
und betont das ein wenig sehr stark.

Baronin v. Stengel dankt für den Beitrag an den Verein: Laßt die Kleinen zu mir kommen. /
Mit 14 Jahren hat sie die Kinderschwestern beobachtet und sich gesagt: Etwas tun. Einmal in der Woche, mit 10 M und sechs Kindern angefangen. Immer auch einige /
Prot. dabei wegen des Vaters.

Grat. Generalvikar,
im gleichen Hause
Degenb.
(nicht zu Hause), Fischer (nicht zu Hause).

„Die neue Zeit“ 3.1.19 schreibt unter „Kgl Kuppelei“ zur Verlobung des Kronprinzen mit der 19j. wo bleibt da die katholische Religion /
und die Moral? Wo bleiben da die geistlichen Berater des Hofes? „Eine Ironie aber von nie da gewesener Güte <wäre es> wenn der höchste bayrische geistliche Würdenträger /
auf der Kanzel in heiliger Wut gegen die Aufführung eines unsittlichen Theaterstückes, wo der Weibsteufel sich aufführt wie wahnsinnig – auf der anderen Seite aber mit Freude bereit gewesen wäre /
die Ehre eines unverdorbenen Kindes mit einem in allen Sätteln der höchsten Liebesschule gerechten Prinzen in weißen Haaren einzusegnen“. Thron und Kirche gehören eben zusammen.

M. Liebl: Mutter wieder mit Rheumat. geplagt. Wegen Vater in großer Sorge. /
Onkel Ernst
kommt nächstens hierher.
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Digitalisat Faulhaber-Edition