Tagebucheintrag vom 22. Dezember 1917⇦ Einzelansicht
Nachlass Faulhaber 10001, Seite 76-77

Text+KommentierungNur Text
22. Dezember. 7.30 Uhr, drei Firmungen in der Hauskapelle: zwei Konvertiten und eine getaufte Jüdin.

Pater Heribert Holzapfel: Gute Feiertage. Wegen des Exfranziskaners Lenz nicht ja und nicht nein, er sei nicht dagegen; ob gegen die Thronerhebung des Herzen Jesu schreiben? Ist bei uns keine besondere Propaganda. Ist an sich nicht unrecht, nur geneigt zu Auswüchsen; wenn das nicht überschätzen... „Also werde ich den Artikel nicht veröffentlichen“. Vorläufig nicht.

Pater Maurus Wirth, Cisterzienser, Stams, Reserve Lazarett Bayern, wenig exerciert, wenig Sanitätsbildung und jetzt soll er ins Feld. Oberstabsarzt Boxener hat ihn herunterrufen lassen. Responsum: Zu Buchberger gehen, damit der erkläre: Zuerst die Ausgebildeten und die Freiwilligen ins Feld geben, dann aber womöglich versetzen.

Abt Sigisbert, Schaeftlarn: gute Wünsche; im neuen Jahr Firmung; die Regel des heiligen Benedikt Erziehung und Seelenweisheit.

Pater Lenz, Exfranziskaner Ingolstadt, weint, weil ihm unrecht geschehen - soll Eingabe machen, damit außerhalb des Klosters bleiben und Messe lesen dürfen. Sich an seine Heimatdiözese wenden und um Anstellung nachsuchen, er will durchaus Priester bleiben, so könne er nicht leben. Ob er, wenn er gar nichts finde, eine Stelle beim Statistikamt annehmen könne - ja, aber erst suchen und Priester bleiben. Ob er in der Seelsorge auch auf eine kleine Stelle gehen würde - ja, wenn er seine Mutter zu sich nehmen könne.

Gräfin Spreti - ihr Mann gefallen, ihr einziges Kind vorher schon gestorben. Hier in der Kriegsfürsorge, möchte ins Feld. Als Fürsorgedame kann es möglich sein. Ich werde für sie und Fräulein Stapf vormerken lassen und beim Kriegsminister eingeben. Bekommt ein Kreuz. Ob Bezugsschein für eine Tracht, ob Verpflegung.

Oberkriegsgerichtsrat Steidle, Major, in Tournai: Einheitslieder sind aber vorhanden. Die katholischen Offiziere haben es sehr schwer. Der Kaiser sei eben romant., was gehe den Papst der Frieden an. Auch die beiden Söhne im Süden...

Monsignore Walterbach: Pfingsten Arbeiterpräsidesversammlung in Mainz am Grab Kettelers. In der Westpfalz schwenken die Berliner immer mehr zu den Roten ab. Film Frey (übergibt mir ein Album) soll Fabiola jetzt nehmen, hat eine Zukunft, ist jetzt mit der Organisation verbunden, ich selber nicht so nah sein!

➥ Seite 77

Eduard Pichler von Dachau, Vice, aber in acht Tagen Leutnant bei einem Meßtrupp, kommt vom Hochschulkurs in Straßburg, hatte vor dem Krieg schon sechs Semester, ein frischer Mann, studiosus theologiae, bekommt Waffen des Lichts - das Kreuz hat er schon erhalten.

16.30 Uhr kommt La Rosée zum ersten mal zur Beichte.

17.00 - 18.00 Uhr Müller, geborene von Ziegler und Tochter: Erzählen von der Türkei, besonders Adrianopel, der dortige Stadtpfarrer immer betrunken. War mit Nuntius bei Hohenzollern zum Tee. Ob ich einmal ins Parkhotel - Nein.
S. 76S. 77reset-btnzoom-in-btnzoom-out-btn
Digitalisat Faulhaber-Edition