Tagebucheintrag vom 7. September 1945⇦ Einzelansicht
Nachlass Faulhaber 09265, Seite 132

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Freitag, 7.9.45, Berlinger iunior: Nach vier Monaten meine Kapelle noch nicht fertig. Der einzige Maurer mahnt den Lehrbuben, langsamer zu arbeiten. Die Besatzung nahm ihm alles weg, Arbeiter und Material.

Chefarzt Krankenhaus Schwabing Sullivan und father Walsh, nur englisch. Sind mit den Schwestern zufrieden trotz ihrer vielen nurses. Es ist ein fliegendes Lazarett, war bisher in England. Unter den Schwestern sei Typhus. Von der Oberin sprechen sie nicht. Bleiben lang. Der Geistliche lobt den Gottesdienst dort, wo die Schwestern singen, überhaupt daß ihre Regierung sehr viel für den Gottesdienst tut. Er lädt dringlich ein, das Krankenhaus zu besuchen. Am Schluß läßt ihn der Geistliche niederknien.

Helmtrud und Urraca(?) bloß um Nachricht zu bringen: Franz in Leutstetten, die Engländer dort fort, Kronprinz will wie scheint zurück.

General und Begleiter, sechs. Von Casanova angemeldet.

Unierter Priester, russisch, Gretschischkin, früher in Rußland, dann in Wien, jetzt: Einladung des Heiligen Vaters an die orthodoxen Bischöfe. Nach Oberitalien, - Nikolaj nicht zu erreichen, er will Serafim besuchen. Der Name des Metropoliten bei Moskau? Er war bei Neuhäusler. Bittet um Stipendien für seine Priester - vielleicht bei Nuntius. Ich gebe ihm frei 1000.

Εΐρήνη. Hansaheime nun doch belegt als Krankenhäuser, vielleicht später. Einen Brief an den Bruder in Rußland durch mich? Ja.

Frau Lutz und Tochter Charlotte: wieder gesund, Hausham. Der Vater wurde wirklich verhaftet und nach Miesbach gebracht. Dort unter den Papieren meine Empfehlung: „Warum haben Sie das nicht gleich gesagt“ - und nach nur Stunden wieder entlassen. Der Bürgermeister hat sich sogar dann entschuldigt. Bleiben zu Tisch. Jetzt noch die Wohnungsfrage.

Nachmittags Domkapellmeister Dr. Schrems, der einen Brief bringen wollte, nicht empfangen, ebenso abgelehnt Dr. Trog.

Studienrat Gentner, München, Meindlstraße 17. Eine Mitteilung über 9. November. Hanfstaengl habe ihm auf den Treffen vor dem 9. November gesagt: „Wir haben Hitler beschworen, mit allen Mitteln zu verhüten, daß die schwarze Bande Kahr, Rupprecht, Faulhaber zur Regierung komme.“ Kann beschwören. War von 1920 - 28 bei der Partei, dann einmal ausgetreten, einmal hinausgeworfen, weil er öffentlich im Saal die Beschimpfungen der Kirche sich verbat, zehn Jahre mit Kothieringer in Fürstenried, trat dann wieder in die Partei ein.

Es kommen Bischöfe aus dem Osten. Papst lädt Orthodoxe nach Oberitalien. Einer bittet um Unterstützung. Er sei weder orthodox noch uniert.

Arbeiter im Hause. Maurer. Überhaupt bloß einer, der den einzigen Lehrbuben mahnt: In einem solchen Haus darf man nicht so schnell arbeiten. Während der Messe sägen sie sich vom Bauholz klein für eigenen Bedarf ab. Bekommen zwei halbe Bier, verlangen zu Mittag eine Maß.
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Digitalisat Faulhaber-Edition