Tagebucheintrag vom 29. Mai 1945⇦ Einzelansicht
Nachlass Faulhaber 09265, Seite 73-74

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Dienstag, 29.5.45. Frau M. Zobel von der Pfarrei Maria Hilf. Pfarrer Bleyer sei vor dem Einmarsch der Amerikaner geflüchtet für sechs Tage, jetzt die Pfarrei zerrissen in drei Teile (natürlich weil Pfarrkirche und Ausweichkirche zerstört). Der Pfarrer fühle sich halt gar nicht wohl dort. Respondeo: Es ist geplant, eine Halle aufzustellen. Kurz ab - offenbar gegen den Pfarrer gerichtet.

Alois Roth, Treuhänder - von Pater Hugo Lang empfohlen - zwei Gesuche für Häftlinge. Der eine Blutordensträger, sehr aktiv, zuletzt Landrat - da ist nichts zu machen, ein qualifizierter SS. Nur zu hoffen, daß sie einzeln geprüft werden, nicht gleich erschossen. 2) Der Arzt Medizinalrat von Krumbach, SS - aber sehr geachtet. Besonders in Ursberg hat er viele Kinder gerettet, also gegen die Grundsätze von SS. Gestern sagte Dr. Geiger, es würde für ihn Eingabe gemacht. Er will nicht weggehen und will wieder kommen, aber klar gesagt: Da wäre nichts zu machen von mir aus.

Regierungspräsident Osthelder - mit vier Bekannten befreundet, die Akten im Zentralministerium zurückbehalten, aber jetzt höflich heraus gegeben. Über Plünderungen und meine Verhandlungen mit der Militärregierung. Allgemein.

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Studienprofessor Schwerd - hat mit Zinkl über höhere Schule gesprochen, auch persönliche Vorschläge gemacht, er selber auch ..

Pater Nobis mit dem französischen Barett, einem Chefarzt, Dr. Schmidt, einem amerikanischen Medizinstudenten Zimmern: Daß die katholischen Geistlichen und Theologen aus dem Gefangenenlager Fürstenfeldbruck entlassen werden. Will nur einen Auftrag von mir - Ja - dann alles selber machen.

Rumäne Dragomir
Möglicherweise ist der Politiker Dragomir Jovanović gemeint, der wie Prinzessin Mafalda Häftling im Konzetrationslager Buchenwald sowie sogenannter Ehrenhäftling der SS war.
- in Buchenwald zusammen mit einem Professor, zu dem er jetzt nach Ramsau wolle, ich soll einen Brief an das italienische Königshaus leiten über die in Buchenwald verstorbene Prinzessin Mafalda. Keine Möglichkeit dafür. Er selber früher ein Freund der Deutschen, aber solche Unwahrheit und Ungerechtigkeit. Er habe sündiges Fleisch und Blut, aber seine Seele liebt alle Menschen - sein Evangelium in der Vorratstasche viel zerlesen. Von Vereinen verfolgt, besonders von Gemeinschaft, und doch von allen geliebt. Hat gar nichts mehr, auf die Frage, wie wurden sie behandelt, antwortet er: Gut (in Buchenwald!). Er will, da er selber ein Sünder sei, andere nicht in den Tod bringen.

Herr und Frau Leich - Nachricht von Tölz.

Eine Frau aus Pfaffenhofen bringt Brief von Thieme: Sind gut heimgekommen, von unseren Soldaten keine Nachricht, Willy hat noch nichts von München bekommen. Mit Stieg. nicht mehr tragbar. Nachricht von Dahm, ich ließ antworten, es gehe halt langsam.

17.00 Uhr Landeen, bringt zwei Generäle, die nur kurz hier sind. Freundliche Herren. Sind die Kirchen jetzt besser besucht? Sie waren immer gut besucht, aber wir sehen auch die, die nicht da sind: Viele Austritte, in Uniform überhaupt nicht in die Kirche, jetzt viele Rücktritte. Die Umschulung des Volkes, besonders der Jugend von 15 - 25 Jahren. An der Hochschule sieht Landeen 59, die nicht bei der Partei waren? Fragen, ob Murphy hier war? „Wir haben Himmler noch nicht, aber wir werden ihn haben“.

18.00 Uhr Ministerpräsident Dr. Schäffer: Gegen die vielen Verhaftungen. Auch unter den Parteimitgliedern viele tüchtige Beamte, also eine Bewährungsfrist geben. Ich nenne Osterhuber
Es dürfte Joseph Osterhuber gemeint sein.
im Unterschied von Köglmaier. Die vielen Gesuche, die ich bekomme. Seine Ernennung überall Freude, er nennt den Namen Decker
Vermutlich ist Albert Decker gemeint.
als Kultusminister. Er: Für die Klosterschulen und daß der christlich katholische Geist wiederkehre. Föderativ, aber nicht Separatismus (der Papst will nicht, die Jugend denkt nicht an die Zukunft). Bittet am Schluß um den Segen. Ich: Kronprinz und Kronprinzessin verschollen, Kinder
Gemeint sind Heinrich Franz Wilhelm Prinz von Bayern, Irmingard Maria Josefa Prinzessin von Bayern, Editha Marie Gabrielle Prinzessin von Bayern, Hilda Prinzessin von Bayern, Gabriele Prinzessin von Bayern und Sophie Prinzessin von Bayern.
getrennt - ich werde Heiligen Vater bitten.
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Digitalisat Faulhaber-Edition